Stolze 2,10 Meter misst die etwa fünf Jahre alte Hai-Dame Sally mit der überproportional großen Schwanzflosse mittlerweile.

Hamburg. Sally ist eine einsame Dame. Vielleicht nimmt sie deshalb jede Aufforderung zum Tanz gerne an, die ihr Dr. Guido Westhoff (40) und seine Kollegen bieten. "Wenn wir im Hai-Atoll tauchen, schwimmt sie oft direkt auf uns zu, stellt sich uns in den Weg wie ein Tanker auf Kollisionskurs und stupst uns an", sagt der Leiter des Tropen-Aquariums in Hagenbecks Tierpark und lacht. Dieses besondere Verhalten des Zebrahai-Weibchens konnten Besucher auch gestern wieder gut beobachten, als Westhoff und sein Kollege Frank Seidel unter Wasser den Zollstock ausklappten, um bei der jährlichen Inventur Sallys Länge zu ermitteln (siehe auch unten).

Stolze 2,10 Meter misst die etwa fünf Jahre alte Hai-Dame mit der überproportional großen Schwanzflosse mittlerweile. Als sie vor zweieinhalb Jahren aus Australien nach Hamburg kam, waren es erst 1,60 Meter, beim letzten Messen vor einem Jahr bereits 1,83 Meter. Ein guter Zuwachs also. Angst mussten die beiden Taucher trotzdem nicht vor dem großen Hai haben. Westhoff: "Sally ist zwar extrem neugierig, aber überhaupt nicht aggressiv." Außerdem würden sich Zebrahaie mit ihrem vergleichsweise kleinen Maul auch nur von Krustentieren und kleinen Fischen ernähren. Im Tropen-Aquarium bekommt Sally diese mit einer großen Pinzette an der Wasseroberfläche des Beckens gereicht. Sie hat außerdem, wie auch die anderen Haie, die Rochen und Zackenbarsch Zorro, ihre eigene Fütterungsstelle - damit es keinen Streit unter den Fischen gibt.

Generell, sagt Westhoff, würden sich Sally und die anderen Schwarzspitzen- und Grauen Riffhaie aus dem Weg gehen: "Zebrahaie sind Einzelgänger." Es kann höchstens einmal passieren, dass sie mit einem Rochen kollidiert - wenn dieser zu keiner Kursänderung im 1,8 Millionen Liter Wasser fassenden Riesenbecken bereit ist. Zebrahaie, die im Roten Meer und im Indopazifik von Ostafrika bis nach Australien, Neukaledonien und Südjapan beheimatet sind, zählen zu den Ammenhaien. Diese haben unter anderem die Eigenschaft, auf dem Meeresgrund zu schlafen. Westhoff: "Sally döst gerne vor dem großen Bullauge auf dem Grund des Hai-Atolls." Ihre langsamen Bahnen zieht sie hingegen meistens oben im Becken.

Die Bezeichnung Zebrahai ist, wenn man ein erwachsenes Tier wie Sally betrachtet, durchaus verwirrend. Statt der erwarteten schwarz-weißen Streifen zieren den grau-beigefarbenen Rücken und die Flanken des Tieres schwarze Flecken. Der Bauch ist strahlend weiß. Tatsächlich taucht das markante Streifenmuster anfänglich nur bei Jungtieren auf. Und die würde man bei Hagenbeck auch gerne bald einmal zeigen können. Nur leider ging dafür der benötigte Partner für Sally verloren: "Harry starb kurz nach seiner Ankunft vor zweieinhalb Jahren", sagt Dr. Guido Westhoff.

So legt Sally zwar seit geraumer Zeit Eier - allein 50 in diesem Jahr - aber die ovalen, flachen, bräunlich-grünen Gebilde, die an einer Seite mit einer Fransenborte aus vielen feinen Haftfäden versehen sind, sind alle unbefruchtet. Dabei können Zebrahai-Weibchen immerhin für ein Jahr lang nach einer Paarung Sperma speichern und bei Bedarf verwenden. Doch diese Zeitspanne ist seit Harrys Tod leider längst abgelaufen.

Daher schauen alle bei Hagenbeck jetzt gebannt nach Holland. Aus Arnheim soll ein neuer Harry für Sally kommen - wenn alles klappt bereits Ende Januar 2010. Damit es ein Happy End gibt. Für Harry und Sally.