41 Vögel schlüpften dieses Jahr in der Hansestadt. Das ist das beste Brutergebnis seit einem halben Jahrhundert

Einen roten Schnabel haben sie, ebenso rote Schenkel, das Gefieder schwarz und weiß, und mit ihrem staksigen Gang durch die Wiese sind sie eine Mischung aus Anmut und Gemächlichkeit: die Störche. In Hamburg - in Harburg und den Vier- und Marschlanden - befinden sich die populären Vögel gegenwärtig jedoch weniger auf sumpfigem Boden als vielmehr im Höhenflug, sprichwörtlich wenigstens. Denn die Naturschützer beobachteten in diesem Jahr die beste Brutsaison in der Hansestadt seit mehr als einem halben Jahrhundert: 19 Paare zogen in den vergangenen Wochen 41 Junge groß.

"Das letzte Mal gab es in Hamburg vor 51 Jahren ähnlich viele Störche", sagt Jürgen Pelch, der Storchenbetreuer des Naturschutzbundes (Nabu) Hamburg. "Dieses Brutergebnis ist wunderbar", ergänzt Pelch freudig, "und eine tolle Belohnung für unsere Umweltschutzbemühungen." Zu eben diesen gehöre zunächst einmal das Bereitstellen von geeigneten Nistplätzen: "Gemeinsam mit einigen ehrenamtlichen Mitstreitern kümmere ich mich jedes Jahr um rund 50 Nisthilfen, etwa auf Masten geschraubte Weidenflechtkörbe", erzählt Pelch. Er fügt hinzu: "Wichtig ist auch ein ausreichendes Nahrungsangebot. Störche benötigen zur Aufzucht ihres Nachwuchses täglich bis zu vier Kilogramm Futter, beispielsweise Regenwürmer, Heuschrecken und Frösche."

Voraussetzung für dieses Fressen seien intakte Lebensräume in feuchtem Grasland: "Ein Paradebeispiel dafür sind die Kirchwerder Wiesen, Hamburgs größtes Naturschutzgebiet. Hier kann der Nabu auf eigenen Flächen den Wasserstand regulieren und so optimale Bedingungen für seinen Wappenvogel schaffen." Entscheidend für den Ausnahme-Bruterfolg sei letztlich auch das gute Wetter gewesen. Ein Ort, an den die Störche schon seit vielen Jahren nach ihrer Rückkehr aus dem Winterquartier in Afrika immer wieder ziehen, ist der Hof Grundmann in den Vier- und Marschlanden. "Bei uns leben die Störche bereits seit einigen Jahrzehnten", erzählt Ingo Grundmann. "Jedes Jahr aufs Neue freuen wir uns hier auf den Frühling, wenn die schönen Vögel endlich wiederkommen und ihr lustiges Geklapper uns wieder tagtäglich begleitet."

Nicht nur Familie Grundmann beobachtet das auf einem Pfahl direkt vor ihrem Wohnhaus nistende Storchenpaar regelmäßig, sondern auch noch Tausende weitere Menschen - und zwar per Kamera: Auf der Internetseite www.nabu-hamburg.de lässt sich das Treiben im Nest von Rolf und seinem Anhang verfolgen. Rolf? "Ja, so heißt unser Storchenmännchen, das nach dem ehemaligen Hamburger Nabu-Vorsitzenden Rolf Bonkwald benannt ist", erklärt Ingo Grundmann.

Doch so freudig die Stimmung bei Hamburgs Storchenfreunden auch aktuell ist, so ernüchternd ist sie im Großen und Ganzen. "Denn um den Bestand langfristig zu sichern, müssten eigentlich noch deutlich mehr Störche im Jahr ausfliegen", sagt Jürgen Pelch vom Nabu. "Zu viele Jungstörche verunglücken an Stromleitungen oder erliegen den Strapazen ihres Herbstzuges gen Süden." Deshalb, so Pelch weiter, sei die Hamburger Storchenpopulation nach wie vor auf steten Zuzug aus Kerngebieten mit Tier-Überschuss angewiesen, wie es sie vor allem in Ostdeutschland noch gebe. "Damit unsere Störche auch weiterhin Hanseaten bleiben", ergänzt Pelch, "werden wir uns kontinuierlich für eine umweltverträgliche Landwirtschaft und den Erhalt von Feuchtgebieten und gegen den Flächenfraß in der Natur einsetzen."

Rote Schnäbel, rote Schenkel und schwarz-weiße Federn sind schließlich ein schönes Bild - ein zu schönes, als dass es reichte, es bloß in Büchern zu betrachten.