Armin Valet, 44, ist Ernährungsberater der Verbraucherzentrale Hamburg.

Hamburger Abendblatt:

1. Die großen Handelsketten zwingen die Erzeuger von Lebensmitteln immer rigoroser zu Preissenkungen. Welche Auswirkungen hat diese Entwicklung für die Verbraucher?

Armin Valet:

Auf den ersten Blick sind die Folgen positiv, denn die Kunden müssen weniger bezahlen, weil die Handelsketten mit niedrigen Preisen ihre Marktanteile erhöhen wollen. Doch langfristig wird der Verbraucher verlieren. Denn schon jetzt beherrschen nur fünf Unternehmen quasi den gesamten deutschen Lebensmittelmarkt. In Zukunft könnten die Ketten mangels weiterer Konkurrenz ihre Preise womöglich anheben.

2. Wie verändern niedrige Preise die Qualität von Lebensmitteln, auf die wir täglich angewiesen sind?

Die Erzeuger müssen ihre Kosten senken. Das hat schon zu abstrusen Folgen geführt. Aromen verdängen zum Beispiel echte Inhaltsstoffe oder Produkte werden durch preiswertere Imitate ersetzt. Wir haben bei unseren Kontrollen schon Sauce Hollandaise gefunden, die statt Butter preiswerteres Pflanzenfett enthielt. Es gab eine Art Cordon Bleu ohne echten Käse oder Kochschinken, der aus verschiedenen Einzelstücken zusammengeklebt wurde.

3. Hilft es, wenn wir alle wieder mehr Geld in unsere Ernährung investieren?

Teuer ist nicht gleich gut. Wir haben auch schon Markenware mit Mängeln entdeckt. So gab es einen Putensalat, der neben Putenfleisch auch wesentlich billigeres Formfleisch von Hähnchen enthielt. Was wir brauchen, sind neue Kennzeichnungspflichten, bei denen man die Qualität des Lebensmittels auf den ersten Blick sofort erkennen kann und bei denen klar ablesbar ist, ob das Produkt originale Stoffe wie Butter enthält oder Imitate. Bei Fleischprodukten könnte ein Qualitätssiegel etwa über Tierschutzaspekte die Verbraucher dazu bewegen, mehr Geld für Lebensmittel zu bezahlen.

4. Letztendlich wird eine volle Einkaufstüte damit aber teurer. Wie wollen Sie die Verbraucher dann überzeugen?

Das ist nicht immer notwendig. Die Kunden entscheiden sich für Qualität, wenn sie die Wahl haben. Ein Beispiel sind Eier. Früher wurden fast nur Eier aus Käfighaltung angeboten. Seit es die Kennzeichnungspflicht gibt, wählt der Kunde Freilandeier, auch wenn diese etwas mehr kosten.

5. Wie können die Bauern zu einer Qualitätsoffensive der Produkte beitragen?

Indem sie Alternativen zu den billigen Massenprodukten suchen und wieder mehr auf Qualität achten. Wenn die Menschen sicher sind, dass sie Qualität erwerben, geben sie auch mehr Geld dafür aus.