So gut wie heute war das deutsch-russische Verhältnis schon lange nicht mehr. Moskau kommt dem Westen entgegen. Die Wirtschaftskrise geht zu Ende, der Kreml will sich seiner Abhängigkeit von Gas und Öl entledigen und das Land modernisieren. Deutschland als Premium-Partner dieses Mammutprojekts winken gigantische Geschäfte. Das Ansprechen von Menschenrechtsdefiziten durch die Kanzlerin darf aber trotz dieser glänzenden Perspektiven nicht zum folgenlosen Ritual erstarren.

Es gibt zwar die Hoffnung, dass mit zunehmendem Wohlstand und wachsender Mittelschicht auch die Demokratie gestärkt wird. Ein Selbstläufer ist das aber nicht, denn Wirtschaft funktioniert auch in der Diktatur. Präsident Medwedew ist weitaus umgänglicher als sein Vorgänger Putin. Trotzdem ist Russland bis heute ein Staat, in dem Kritiker ermordet werden, in dem örtliche Funktionäre wie korrupte Feudalherren herrschen und dessen Geheimdienst wieder Vollmachten bekommt, die an unselige Sowjetzeiten erinnern. Moskau braucht mehr als Wirtschaftshilfe, um ein langfristig stabiler und akzeptabler Partner zu sein.