Der 56 Jahre alte Volksdorfer ist in Wandsbek aufgewachsen, hat bereits fünf Initiativen in dem Stadtteil gestartet - jedes Mal mit Erfolg.
Hamburg. Nun kennt auch in Volksdorf nicht jeder jeden - aber zumindest dürften viele Manfred Schult kennen. Dass der zurückhaltende Mann mit dem schneeweißen Haar bekannt wie ein bunter Hund ist, überrascht nicht. Der 56-Jährige ist in dem Wandsbeker Stadtteil aufgewachsen, Vater und Großvater haben hier ebenfalls ihre Wurzeln, und Schult leitet seit 1978 die Redaktion des "Heimatecho". Im gefühlten Fünf-Minuten-Takt wird der Volksdorfer auf der Straße freundlich gegrüßt. Was sicher auch daran liegt, dass er schon so einiges bewegt hat in Hamburgs einwohnerstärkstem Bezirk.
Seitdem 1998 das Gesetz für Bürgerbegehren in der Hansestadt eingeführt worden ist, hat es rund 80 Begehren gegeben. Allein fünf davon hat Manfred Schult initiiert, allesamt erfolgreich. "Ich bin dabei aber gar nicht so wichtig", sagt der gelernte Bankkaufmann und macht eine wegwerfende Handbewegung. Er gebe den Menschen höchstens einen Denkanstoß. "Das Unterschreiben übernehmen sie ja selbst. Wichtig ist, was die Bevölkerung denkt." Und die hat ihn bislang immer unterstützt. Sei es, als er sich für die Erweiterung des Vereinshauses des Walddörfer SV und gegen einen Hotelneubau eingesetzt hat oder für die Försterei Volksdorf. "Am meisten Spaß gemacht hat mir das Bürgerbegehren zur Unterbringung der Polizeistation am neuen P+R-Haus", sagt er. Der damalige Innensenator Udo Nagel habe sich intensiv über das Anliegen der Bürger unterhalten, das Ganze sehr ernst genommen und letztlich unterstützt.
+++ Info: Schults Bürgerbegehren +++
Manfred Schult hat Rückendeckung. Mühelos sammelte er jedes Mal die rund 6500 nötigen Unterschriften für die Bürgerbegehren. "Wenn man hier aufgewachsen ist, kennt man eben den einen oder anderen." Und statt von Haustür zu Haustür zu gehen, hat er sich Vereine als Partner gesucht. "So sind die Unterschriften schnell zusammengekommen."
Manfred Schult gibt sich bescheiden, will keine große Sache aus seinem Engagement machen. Dass Bürgerschaftsabgeordnete den Mann mit der schmalen Statur als kleinste und wirkungsvollste Partei Hamburgs bezeichnen, nimmt er mit einem Schulterzucken hin. "Ich selbst würde das nicht von mir behaupten", sagt er.
Auch als renitenten Bürger sieht er sich nicht. "Aber ich habe kein Problem damit, auch mal unbequem zu werden, wenn es sein muss." Bürgerbegehren seien ein wichtiges Instrument, um sich einzumischen. "Vielleicht ist bei den Volksgesetzen das ein oder andere überarbeitungsbedürftig", räumt er ein. "Aber die Politik sollte aufhören, mündige Bürger für dumm zu halten", sagt Manfred Schult.
Wissenschaftler der Universität Hamburg haben jetzt untersucht, welche Folgen es hat, wenn das Volk kräftig mitregiert. Das Ergebnis: Eine große Zahl an Volksinitiativen führt zu einem größeren Interesse der Bürger an Politik und zu einer insgesamt effizienteren Politik. Sie führt aber nicht zu einer höheren Wahlbeteiligung. Zudem treibt Bürgerbeteiligung die Staatsausgaben in die Höhe.
Manfred Schult will mit dem Instrument des Bürgerbegehrens in erster Linie bewirken, dass der Wille der Bevölkerung Aufmerksamkeit findet. Er will vor allem die lokalen Interessen der Bürger in den Mittelpunkt rücken. Weil es die Allgemeinheit freut, hat Schult auch 1979 das Volksdorfer Stadtteilfest ins Leben gerufen. "Es macht mir jedes Jahr Spaß, die Veranstaltung zu organisieren. Dieses Mal feiern wir vom 2. bis 5. September."
Wenn er sagen soll, was das Geheimnis seines Erfolgs ist, muss Manfred Schult überlegen. "Vielleicht ist es die Tatsache, dass wir mit offenen Karten spielen und nicht mit faulen Eiern werfen", sagt er. Und er suche das Gespräch mit den Bezirkspolitikern.
Trotz des guten Drahts - ihn selbst hat es nie in die Politik verschlagen. "Aber das politische Interesse wurde mir wohl schon in die Wiege gelegt", sagt er und schmunzelt. Denn sein Vater und Großvater waren beide Bürgerschaftsabgeordnete der SPD. "Zuhause am Abendbrottisch ist die Landespolitik somit häufig ein Gesprächsthema gewesen." Persönlichkeiten wie den damaligen Bürgermeister Herbert Weichmann (SPD) habe er als Jugendlicher die Hand geschüttelt - und mit Ole von Beust sei er zusammen zur Schule gegangen. "Auf dem Walddörfer-Gymnasium war er eine Klasse unter mir. Wir hatten aber wenig miteinander zu tun, weil wir ganz unterschiedliche Interessen hatten."
Einer Partei anzugehören, daran hat der Volksdorfer auch heute kein Interesse. "Bei jeder Partei gefällt mir etwas und gefällt mir etwas nicht." Und um politisch aktiv zu werden, reicht es ja auch, ein engagierter Bürger zu sein. So wie Manfred Schult.