Wer in Hamburg seine Einbürgerung beantragt, muss sich gedulden. Die Bewilligung dauert mindestens ein Jahr, doppelt so lange wie in Berlin, München und Hannover

An manchen Tagen fühlt sich Nadia Halim wie ein Flugzeug, das im Luftraum seine Kreise zieht und auf die Landegenehmigung wartet. Oder wie ein Schiff, das nicht anlegen darf, obwohl es im Hafen längst angekommen ist. Die 35-Jährige ist ein Mensch in der Warteschleife. Ein Spielball der Behörde, der von Sachbearbeiter zu Sachbearbeiter gereicht wird. Nadia Halim wartet auf ihre Einbürgerung. Sie will einen deutschen Pass. Vor sieben Jahren hat sie sich zum ersten Mal darum bemüht. Vor 16 Monaten dann erneut. Sie hat gelernt zu warten.

Wie so viele Ausländer, die in Hamburg einen deutschen Pass beantragt haben. Diese müssen in der Regel mit einer Bearbeitungsdauer von mindestens einem Jahr rechnen. Damit braucht die Hamburger Einbürgerungsbehörde bis zum Erstentscheid mehr als doppelt so lange wie andere Städte. In Berlin, München und Hannover beträgt die Verfahrensdauer sechs Monate, in Bremerhaven sogar nur drei. "Die Einbürgerungen haben sich bei uns zeitlich verzögert", sagt Behördenmitarbeiter Norbert Smekal. "Es gab in den vergangenen Jahren personelle Engpässe." Inzwischen habe man reagiert. Fünf neue Sachbearbeiter wurden 2009 eingestellt. Die Zahl der Einbürgerungen erhöhte sich daraufhin um 32,4 Prozent. Doch der Berg ist noch lange nicht abgearbeitet.

Das bekommt auch Nadia Halim zu spüren. Seit 17 Jahren lebt sie in Hamburg. Mit zwölf musste sie ihre Heimatstadt Kabul verlassen. Der Krieg, die Angst und Verzweiflung trieben das kleine Mädchen und seine Eltern über die Grenzen der Heimat. Nadia floh zu ihrem Onkel nach Hamburg, lernte Deutsch und gründete eine Familie. Sieben Kinder hat das Ehepaar inzwischen. Der älteste Sohn ist 16, der jüngste zwei Monate alt. Nadia sagt von sich: "Ich fühle mich als Deutsche. Hamburg ist meine Heimat." In Lohbrügge bewohnt die Familie eine Vierzimmerwohnung. Nadias Mann Zeinulabedin ist Koch, spezialisiert auf deutsch-österreichische Küche. Gerade hat er einen Sprachkursus besucht und mit Zertifikat abgeschlossen. Im August macht er den Einbürgerungstest. Dann will auch er die Einbürgerung beantragen. Die Dauer des Verfahrens schreckt den Afghanen nicht ab. Ganz im Gegensatz zu vielen anderen Antragstellern. "Das Verfahren hier ist bewerberfeindlich", sagt Rechtsanwalt Arne Städe. "Ich habe viele Mandanten, die ihren Antrag gar nicht erst in Hamburg stellen, sondern gleich ins Umland ziehen und es dort versuchen. Sie alle identifizieren sich mit Deutschland."

So auch Nadia Halim. Sie spricht fließend Deutsch, liest deutsche Bücher, liebt die deutsche Küche und hat eine beste Freundin: Frauke. Afghanistan ist Nadia fremd. Zweimal war sie in den vergangenen 17 Jahren dort. Sie hat ihre Eltern besucht. Und Heimweh gehabt, nach Hamburg. Ihre Kinder kennen das Land ihrer Großeltern nicht. "Ich bleibe lieber hier", sagt der älteste Sohn Nasir. Er will seinen Realschulabschluss machen, sich zum Bankkaufmann ausbilden lassen. In seinem Zeugnis steht eine Eins in Mathematik. Vor 14 Tagen war seine Mutter zum letzten Mal bei der Behörde. Es fehle nur noch eine Unterschrift, hat man ihr gesagt.