Das Modelabel Closed wächst dank seiner Beliebtheit bei Schauspielern in den USA. Unternehmen expandiert in ganze Welt.

Hamburg. Die junge Frau setzt sich gekonnt vor der Kamera in Szene. Dreht sich nach links, dreht sich nach rechts, bringt ihre langen Beine in der weißen Jeans zur Geltung. Wirft die dunklen Haare nach hinten, lässt sie wieder nach vorn über ihr graues T-Shirt fallen. Klick, klick, klick, die Fotos für die Frühjahrskollektion 2011 sind im Kasten. Die Sonne fällt durch die bodentiefen Fenster in das ehemalige Straßenbahndepot in Hoheluft, das heutzutage gleichzeitig Fotostudio, Designwerkstatt und Büro ist. Bei der Modefirma Closed gibt es keine geschlossenen Türen. Weder zur Küche noch zu den drei Chefs.

Nicht nur deshalb ist es ein offenes Geheimnis, wie gut die Geschäfte laufen. Wer sich für Mode und Film interessiert, kommt an der Marke aus Deutschland kaum vorbei. Katie Holmes, Miley Cyrus, Hilary Swank, Tom Cruise und Brad Pitt sind nur einige von Hollywoods Großverdienern, die sich in Closed-Jeans ablichten lassen. Und im Blockbuster "Sex and the City 2", der seit sechs Wochen in aller Welt über die Kinoleinwände flimmert, trägt Mode-Ikone Sarah Jessica Parker eines der Modelle aus Hamburg zur Schau. Allein in Deutschland haben bislang 2,4 Millionen Zuschauer "Sex and the City 2" gesehen - größtenteils junge Frauen, die darauf brennen, ihre Filmidole in allen Details zu kopieren.


"Das ist ein absoluter Glücksfall für uns", sagt Closed-Mitinhaber Til Nadler. Denn die Fashion-Ikonen und Filmschönheiten Hollywoods sind als Werbeträger unbezahlbar. Ein Foto auf dem roten Teppich, eine Szene in einem Kinofilm ist mehr wert als jede aufwendig inszenierte Werbekampagne - und dazu auch noch kostenlos.

Keineswegs aber folgenlos. Die Werbemaschinerie zeigt ihre Wirkung auch in Zahlen: In diesem Jahr rechnen die Hamburger mit einem Umsatzwachstum von 20 Prozent, schon im vergangenen Jahr seien es 15 Prozent gewesen. Das Modell Pedal Sky Zip, auch privat die neue Lieblingshose der Sarah Jessica Parker, sei restlos ausverkauft. Einen besseren Zeitpunkt, um den amerikanischen Massenmarkt zu erobern, könnte es kaum geben. So gründet Closed gerade seine erste Niederlassung mit Showroom in den USA, natürlich im Film-Mekka Los Angeles. Große US-Kaufhäuser wie Bloomingdale's haben das Label ins Sortiment aufgenommen - eine Art Ritterschlag für europäische Textilmarken.

Auch in Westeuropa und Asien bauen die Hamburger Modemacher mit ihren bislang nur 170 Mitarbeitern das Geschäft erfolgreich aus. "Wir sind auf einem guten Weg, wieder ähnlich dazustehen wie in den Achtzigern", sagt Gordon Giers. "Damals trug jeder, der etwas auf sich hielt, eine Hose von Closed." Auch er selbst: Weil sein Vater damals an Closed beteiligt war, wuchs Giers praktisch mit der Marke auf. Eine seiner Lieblingsanekdoten handelt davon, wie er die Retourware in der elterlichen Garage verkaufte. "So viel Taschengeld hatte ich nie wieder in meinem Leben", scherzt Giers.


Heute ist Gordon Giers gleichzeitig Design-Chef und einer der drei Inhaber, die Closed vor sechs Jahren übernommen haben. Gemeinsam mit seinen beiden Studienfreunden Til Nadler und Hans Redlefsen leitete Giers den Generationswechsel ein: Die drei Neuinhaber investierten fünf Millionen Euro, um die dahindümpelnde Marke zu modernisieren. Sie stellten frühere Mitarbeiter von Jil Sander und Adidas ein, buhlten um Designer aus dem Ausland, gaben der Firma einen internationalen Anstrich. Sie eröffneten Läden in Hamburg, Mailand, Amsterdam und auf Sylt. Sie zogen in die szenigen Büroräume am Straßenbahnring, wo acht Designer zwischen Kleiderständern, Stoffbahnen und Aktenordnern an der neuen Kollektion tüfteln. Zwischen 129 und 300 Euro kostet eine Jeans, produziert wird in Italien, Portugal und China. "Wenn wir weiter so wachsen, müssen wir bald neue Leute einstellen", sagt Redlefsen. Im Konferenzraum, wo ein Holztisch mit bunten Plastikstühlen zum Brainstorming einlädt, entstand auch so manche Schnapsidee: ein Jeans-Automat etwa, der heute in Düsseldorf steht. Oder Fahrräder mit Closed-Emblem. "Erst haben alle gelacht - dann haben wir 100 Räder produziert, die uns aus den Händen gerissen wurden", erzählt Nadler. Die Surfbretter seien allerdings nicht ganz so gut gelaufen, gibt er zu.


Ähnlich verspielt haben die drei Closed-Chefs auch den US-Markt ins Visier genommen. Laut der offiziellen Version brachte ein unschuldiger Familienurlaub vor zwei Jahren in Kalifornien den Erfolg. Statt am Strand zu bräunen, improvisierte Gordon Giers' Frau Sue mithilfe einer gut vernetzten Freundin einen Showroom für die Closed-Jeans. Neben einigen Modejournalisten erschienen auch Stylisten diverser Prominenter - und nur Tage später liefen Stars und Sternchen in Hollywood Werbung für das Label aus Hamburg-Hoheluft.