Hannelore Kraft hat einmal gemeint, dass Frauen lediglich anders Politik machen - nicht besser oder schlechter.

Hinzuzufügen wäre, dass man sie auch machen lassen müsste. Mit Kraft und ihrer grünen Partnerin Sylvia Löhrmann übernehmen am Mittwoch tatsächlich zwei Frauen im bevölkerungsreichsten Bundesland die Regierung. Die Wege und Windungen beim Zustandekommen dieser rot-grünen Minderheitsregierung in Düsseldorf lassen jedoch vermuten, dass als Strategen SPD-Chef Sigmar Gabriel und der grüne Fraktionsvorsitzende Jürgen Trittin im fernen Berlin entscheidend tätig waren.

Lange haben sich die Genossinnen und Genossen am Rhein geziert, das fragile Konstrukt zu zimmern, stets das Schicksal der Hessin Andrea Ypsilanti vor Augen, die vor der Wahl die Linke auch nicht für politikfähig hielt und es nach der Wahl umdeuten wollte. Die beiden Damen in Düsseldorf sind etwas geschickter vorgegangen, das macht die Linke aber nicht praxistauglicher. Wichtiger ist den Strippenziehern in den Parteizentralen, dass die schwarz-gelbe Mehrheit im Bundesrat gebrochen wird. Damit wird das Regieren für die Kanzlerin noch schwerer, als es ihr die eigenen Parteifreunde und Koalitionäre ohnehin schon machen. Schwarz-Gelb hat in den ersten Monaten viel vermurkst und viel Vertrauen verspielt. Die Chance zur Gegenattacke soll da auf keinen Fall verpasst werden.

Dabei scheint es auch egal zu sein, dass die künftige Regierung in Düsseldorf ordentlich Schulden machen will und sich bei manchen Projekten uneins ist. Dafür wechselnde Mehrheiten und die Zustimmung von Abgeordneten aus den anderen Parteien zum Landeshaushalt zu finden scheint schwierig. Das Düsseldorfer Wagnis könnte also schnell scheitern. Zwar beteuern Sozialdemokraten und Grüne stets, keine Neuwahlen anzustreben - sie sind aber diejenigen, die sie am wenigsten zu fürchten hätten. Die Landes-CDU ist nach dem Machtverlust ratlos und gespalten, die FDP leidet dank Berliner Kapriolen in den Umfragen an akuter Schwindsucht. Eine stabile rot-grüne Koalition wäre auch Frau Kraft und Herrn Gabriel lieber. Der müsste dann nicht mehr orakeln, dass er sich eine Minderheitsregierung auch auf Bundesebene vorstellen könne, sondern dürfte mit aller Kraft den Wiedereinzug von Rot-Grün ins Kanzleramt verfolgen.

Der Regierungsbildung in Nordrhein-Westfalen kommt also vor allem strategische Bedeutung für künftige Machtkonstellationen in Berlin zu. Das ist nicht besser und nicht schlechter als die bisherige Politik. Nicht einmal anders.