Die meisten Prognosen der Ökonomen waren falsch - zum Glück.

Mit Prognosen ist das so eine Sache, vor allem wenn es sich um wirtschaftliche handelt. Was haben führende Ökonomen nicht alles vorausgesagt in den vergangenen Monaten. Sie beerdigten den Euro. Sie prophezeiten bundesweit fünf Millionen Arbeitslose. Sie sagten den deutschen Automobilherstellern das schlimmste Jahr aller Zeiten voraus. Sie sprachen von Inflationsraten jenseits der Marke von fünf Prozent. Eingetreten ist davon nichts. Im Gegenteil. Der Weg des Euro zeigt seit vier Wochen wieder klar nach oben. Die Arbeitslosenzahl nähert sich der Drei-Millionen-Marke. Die heimischen Autobauer kommen - wegen der hohen Auslandsnachfrage - mit der Produktion kaum noch nach. Und von Geldentwertung oder galoppierender Inflation kann man mit Blick auf eine durchschnittliche Preissteigerung von 0,9 Prozent im Juni auch nicht sprechen.

Diese Diskrepanz zwischen Voraussage und Wirklichkeit deutet darauf hin, dass es vielen Ökonomen nicht mehr primär um die wissenschaftliche Substanz ihrer Prognosen geht. Sie wollen offensichtlich aufrütteln, mit drastischen Szenarien Entwicklungen beeinflussen. Dies zumindest wäre die wohlwollende Deutung. Oder liegen sie ständig falsch, weil ihre wissenschaftlichen Instrumente versagen? Weil die Prämissen, die allen volkswirtschaftlichen Theorien zugrunde liegen, zwar in den Lehrbüchern funktionieren - aber nicht in der komplizierten Realität! Oder wird womöglich alles doch noch so schlimm wie prophezeit? Eher nicht.

Die lange ökonomische Talfahrt scheint gestoppt. Fast alle Indikatoren deuten darauf hin. Die Auftragsbücher füllen sich, die Exporte ziehen an, die Betriebe suchen händeringend qualifiziertes Personal und sogar die Löhne steigen wieder. Der Aufschwung rückt näher. Optimismus ist angebracht. Und genau hier liegt das Problem der vielen (Fehl-)Prognosen. Aufrütteln sollen sie - das ist in Ordnung. Allerdings dürfen sie keine Ängste schüren, Stimmungen so beeinflussen, dass die Realität eine andere, negativere wird. Zum Beispiel mit Blick auf die Inflation.

Warum sollten die Preise in den kommenden Monaten um fünf, sechs oder gar zehn Prozent anziehen - wie vereinzelt prognostiziert? Dafür gibt es keinerlei Anzeichen. Die Wirtschaft berappelt sich gerade ein wenig. Von exorbitanten Wachstumsraten und hohen Lohnabschlüssen, die Nachfrage und damit Preise treiben, kann nicht die Rede sein. Selbstverständlich können die staatlichen Schuldengebirge irgendwann in die Inflation münden. Irgendwann und theoretisch. Jetzt sollten wir uns zunächst über die Realität freuen.