Ich sag mal: Verbal gibt die WM nicht viel her, auch weil die Fan-Gesänge fehlen

Das wäre mir nicht im Traum eingefallen, dass ich die mal vermissen würde: die Fan-Gesänge in den Fußballstadien, diesen anschwellenden Bocksgesang auf den Rängen, der ja manchmal sogar einen witzigen Text hatte, weit witziger jedenfalls als diese leicht debilen Merksätze wie "Das Runde muss ins Eckige". Ja, ich vermisse die Fan-Gesänge. Denn das, was man bei dieser WM auszuhalten hat, dieses nervtötende Dauergetröte, grenzt an Körperverletzung.

Ich bin ein Kriegskind, ich erinnere mich dabei an das schreckliche Gebrumm anfliegender Bomberverbände. Und ich frage mich, ob die Fifa wohl auch die Hersteller dieser Lärmgeräte unter Vertrag genommen hat. Bei den Bällen hat sie das natürlich getan. Der "offizielle Spielball" der WM heißt Jabulani und wird von Adidas hergestellt. Jabulani entstammt einer Bantusprache und bedeutet "feiern". Das gilt vermutlich auch für den Hersteller, denn der erwartet, den Jabulani, der im Handel für 19,95 Euro erhältlich ist, dreizehn Millionen Mal zu verkaufen. Utopisch ist das nicht, denn den WM-Vorgänger-Ball, der "Teamgeist" hieß, hat Adidas 15 Millionen Mal verkauft. Vielleicht sollte Sepp Blatter an einem spielfreien Tag seine "Fifa One" besteigen, sich mal schnell nach Herzogenaurach fliegen lassen und dort nachschauen, ob der Vertrag mit Adidas auch genügend abwirft. Denn so was können sie doch, die Monopolisten von der Fifa.

Verbal gibt diese WM nicht viel her, was schade ist, denn die Umgangssprache bedient sich gern bei solchen "Events". Ignorieren sollten wir den hier kreierten Schlachtruf "Schland!". Die Begründung für diese Entgleisung, dass man bei Deutschland!-Rufen im Stadion doch nur Schland verstehe, ist so schlüssig wie die Behauptung, wer A... sagt, müsse auch ...rschloch sagen.

Aber vielleicht schafft es der "Videobeweis" ja noch, Unwort des Jahres zu werden. Thomas Müllers Satz "Wir werden mit breiter Brust gegen Argentinien spielen" ist anatomisch ebenso anfechtbar wie Günter Netzers Behauptung über Mesut Özil: "Der rechte Fuß ist nicht sein Fuß." Aber Netzer kann nicht nur Deutsch, er macht auch Gebrauch davon, etwa bei dem Satz: "Wunderbar zu sehen, wie schlecht die gespielt haben." Die Engländer, natürlich.