1. Hamburger Abendblatt:

Hat die schwarz-gelbe Bundesregierung einen "Hang zur wilhelminischen Großspurigkeit" im Umgang mit den Franzosen, wie Helmut Schmidt meint?

Gerd Langguth:

Es ist bemerkenswert, dass dies ausgerechnet Helmut Schmidt behauptet, der früher als "Weltökonom" meinte, den Großen der Welt erläutern zu müssen, was richtig oder falsch ist. Wahr ist aber, dass das Verhältnis der Deutschen zu den Franzosen nicht mehr das ist, was es unter den Kanzlern Schmidt und Kohl war. Daran ist auch der etwas sprunghafte Sarkozy schuld.

2. Was ist aus den Gemeinsamkeiten zwischen Deutschland und Frankreich geworden?

Die Zeiten sind andere. Es steht weniger Geld zur Verfügung. Früher haben die Regierungschefs vor Gipfeln ihre Schwierigkeiten systematisch ausgeräumt. Kohl schickte seinen Berater Teltschik nach Paris oder von dort kamen Emissäre hierher und die Probleme wurden stillschweigend aus dem Weg geräumt.

3. Warum klappt dieses System der Problembeseitigung denn heute nicht mehr?

Das dürfte nicht nur an Berlin, sondern auch an der Regierung in Paris liegen. Mit Sarkozy einig zu werden, der durch seine Spontaneität bekannt ist, ist sehr viel schwieriger. Außerdem liegt weit auseinander, was Frankreich anstrebt und was Deutschland will. Wenn die EU stärker zu einer Transferunion wird, müssen die Deutschen ihren Reichtum teilweise an andere Länder abgeben. Insgesamt offenbaren sich unterschiedliche Konzeptionen. Das französische Konzept einer Wirtschaftsregierung der EU wird in Berlin so nicht geteilt.

4. Schadet sich die EU selbst mit der Erweiterung auf 27 Staaten?

Es war immer umstritten, ob sich die Vertiefung und die Erweiterung der Gemeinschaft widersprechen. Eine zu schnelle Erweiterung führt jedenfalls zu Problemen. Die Griechen sind im Jahre 2000 viel zu früh in die Eurozone gelassen worden. Europa soll aber nicht nur eine Wirtschaftsunion, sondern auch eine Friedensmacht sein.

5. Wäre denn eine stärkere Regulierung der Finanzmärkte sinnvoll?

Ja, aber es muss vor allem erst einmal europäisch harmonisiert werden. Nur wenn sich die Staatschefs beim G20-Gipfel einigen, wird es auch in Europa funktionieren.