Markus Taubert, 40, ist Leiter der Abteilung Private Banking der Berenberg Bank.

Hamburger Abendblatt:

1. Warum deutet China nun eine Aufwertung seiner Währung Yuan an?

Markus Taubert:

Der Zeitpunkt hängt sicher mit dem bevorstehenden G20-Treffen zusammen: China demonstriert politischen Goodwill im Vorfeld. Zudem lässt die wirtschaftliche Situation Chinas eine Aufwertung zu. Das Wachstum lag im ersten Quartal bei 11,9 Prozent, die Exporte sind im Mai um 50 Prozent gestiegen. Eine Aufwertung schadet da nicht. Im Gegenteil: Sie kann die Gefahr einer möglichen Überhitzung dämmen, die importierte Inflation (Rohstoffpreise) reduzieren und der Zentralbank die Notwendigkeit einer geldpolitischen Straffung abnehmen. Das kann wie eine kleine willkommene Zinserhöhung wirken.

2. Warum haben vor allem die USA so stark auf eine Aufwertung des Yuan gedrängt?

Die USA als größter Handelspartner Chinas kritisieren, dass chinesische Exporteure wegen des künstlich niedrig gehaltenen Kurses des Yuan einen unfairen Vorteil im Wettbewerb haben. Die binnenmarktorientierten USA leiden besonders unter dem Importsog für billige Konsumgüter aus China. Vom gesamten Handelsbilanzdefizit 2009 von 374 Milliarden Dollar entfielen allein auf China knapp 227 Milliarden, also rund 60 Prozent. Die USA erhoffen sich durch die Aufwertung des Yuan in erster Linie eine Entlastung ihrer stark defizitären Handelsbilanz.

3. Sollte China dem politischen Druck auf seine Währung nachgeben?

Ja! Im Sinne des Abbaus der globalen Ungleichgewichte und des freien Wettbewerbs auf Güter- und Kapitalmärkten ist dies mehr als wünschenswert. Ansonsten ist und bleibt das aber eine politische Entscheidung.

4. Was bedeutet eine Aufwertung des Yuan für die deutsche Wirtschaft? Ist dies das Ende der Billigexporte aus China?

Sicher nicht. Vermutlich wird die Flexibilisierung nur langsam vorangehen. China wird keine schnelle Aufwertung vornehmen. Die Exporte aus China bleiben billig. So will China wieder eine tägliche Handelsspanne von 0,5 Prozent zulassen und wahrscheinlich zur schrittweisen Änderung der Wechselkurse wie 2005 bis 2008 zurückkehren - da hatte die Zentralbank eine Aufwertung von 20 Prozent in kleinen Schritten zugelassen.

5. Wird Deutschland als Folge der Aufwertung nun wieder Exportweltmeister?

Das ist möglich. Aber mehr deshalb, weil der Euro seit Jahresanfang in der Spitze um elf Prozent (gegenüber dem Dollar sogar um 18 Prozent) abgewertet hat. Dies wird deutschen Exporten Impulse verleihen, da sie zu 60 Prozent außerhalb des Euroraums gehen. Der Anteil Chinas an unseren Exporten lag 2009 bei 4,5 Prozent (Importe: 8,2 Prozent). Er dürfte weiter steigen und den Weg zur Rückeroberung des "Weltmeistertitels" ebnen.