Eine Glosse von Armgard Seegers

"Man muss nur mit weniger Angst an die Kunst herangehen", hat die Geigerin Anne-Sophie Mutter gerade gesagt. Es sei keine Katastrophe, wenn ein Kind während eines Konzerts huste oder mal rausmüsse. Ein quäkendes Kind habe sie jedenfalls noch nie gestört. Ja, so bringt man Kindern klassische Musik nahe, Theater, Lesungen oder auch Ausstellungen. Man nimmt sie immer wieder mit, bereitet sie aber auch ein klein wenig vor. Den Mutigen gehört die Welt. Und ganz im Gegensatz zu laut und mit offenem Mund hustend bellenden Erwachsenen, die noch nie etwas davon gehört haben, dass man auch leise, quasi in sich hinein husten oder sich still verhalten kann, nerven Kinder wirklich selten im Theater.

Meine Kinder habe ich auch in jungen Jahren schon überallhin mitgenommen. Gestört haben sie nie. Sie waren viel zu fasziniert von dem, was da gerade auf der Bühne abging. Meine Tochter sang den gesamten "Black Rider" im Thalia mit. Still. Und im Zuschauerraum. Elfmal wollte sie ihn sehen. Mein Sohn war vielleicht vier Jahre alt, als er mit mir ins Schauspielhaus, zu einem Wilhelm-Busch-Abend, ging, der allerdings für Erwachsene war. Er verstand kein Wort. Erst als das Bühnengeschehen bei der "Frommen Helene" angekommen und von Lastern die Rede war, sprang er auf und rief begeistert: "Laster habe ich auch." Da gab's zum ersten Mal an diesem Abend für alle Zuschauer was zu lachen.