Ein Kommentar von Matthias Gretzschel

Geschichte ist vergangene Gegenwart. Wir können sie nur verstehen und uns überhaupt nur dafür interessieren, wenn es gelingt, sie zu vergegenwärtigen. Geschichte geht uns erst nahe, wenn wir sie in Beziehung setzen können zu dem, was wir kennen und was uns und unser Leben betrifft.

Das ist mit der neuen Ausstellung "Taktgeber Hafen" im Hamburgmuseum tatsächlich gelungen, obwohl sie ein ganzes Jahrhundert nicht aus der Alltagsperspektive, sondern in ihrem stadtplanerischen Zusammenhang ausbreitet. Das geschieht mithilfe alter Modelle und neuer Medien so überzeugend, dass selbst komplizierte Entwicklungen konkret, verständlich und vorstellbar werden.

Auch für die Hamburger Schüler, die jetzt ihre Vorstellungen für die künftige Gestaltung des Erinnerungsortes Hannoverscher Bahnhof vorgestellt haben, ging es darum, Geschichte zu vergegenwärtigen. Dabei haben sie Ideen entwickelt, die sich von den Konventionen der Erinnerungskultur zum Teil deutlich unterscheiden. Das ist gewiss kein Zufall, denn in Gesprächen mit Zeitzeugen haben sie persönlich erlebt, dass Geschichte nicht abstrakt ist, sondern sehr konkret. Dass sie von Schicksalen lebendiger Menschen handelt, denen oft Schreckliches widerfahren ist. Es ist gut, dass diese Jugendlichen an der neuen Gedenkstätte mitwirken und dabei ihre Ideen einbringen, denn nur so bleibt Geschichte gegenwärtig.