Nach einstweiliger Verfügung muss sich der Tierpark-Senior vorerst als Geschäftsführer zurückziehen

Neustadt. Die Medienvertreter warteten vergeblich vor dem Sitzungssaal 150B im Ziviljustizgebäude. Keiner der beiden Kontrahenten war am Freitag zur Urteilsverkündung im Rechtsstreit Hagenbeck gegen Hagenbeck erschienen. Im Saal brauchte der Vorsitzende Richter Karsten Nevermann dann gerade mal 15 Minuten, um die Entscheidung zu verkünden. Und die war deutlich: Seniorchef Claus Hagenbeck muss die Geschäftsführung der Tierpark-Gesellschaften erst einmal wieder abgeben. Das Gericht gab einer einstweiligen Verfügung seines Mitgesellschafters Joachim Weinlig-Hagenbeck statt. "Das Verhältnis der beiden ist so stark zerrüttet, dass ein vorläufiges Tätigkeitsverbot unumgehbar ist", begründete Nevermann das Urteil.

Damit hat die Familienfehde an der Tierpark-Spitze ihren vorläufigen Höhepunkt erreicht. Erst vor einigen Wochen war Claus Hagenbeck überraschend aus dem Ruhestand in die Geschäftsführung zurückgekehrt. In der Arithmetik in der Tierpark-Führung, die jeweils einen Vertreter der beiden Familienzweige als gleichberechtigten Geschäftsführer vorschreibt, löste der 70-Jährige seinen Schwiegersohn Stephan Hering-Hagenbeck ab. Dagegen hatte sein angeheirateter Neffe und Ko-Gesellschafter Joachim Weinlig-Hagenbeck geklagt - und nun erst mal recht bekommen. Sollte Claus Hagenbeck gegen den Beschluss verstoßen, drohen ihm ein Ordnungsgeld von 250 000 Euro oder eine Gefängnisstrafe von bis zu sechs Monaten. Ein Termin für die Hauptverhandlung ist nicht bekannt.

Richter Nevermann berief sich auf ein Urteil des Bundesgerichtshofs, nachdem ein Geschäftsführer abberufen werden könne, wenn eine Zusammenarbeit nicht mehr möglich sei - egal, von welcher Seite die Streitereien ausgegangen waren. "Es kommt nicht darauf an, wer Schuld hat", betonte der Vorsitzende Richter. Allerdings habe Claus Hagenbeck durch öffentliche Äußerungen zu den Differenzen beigetragen. In denen habe er Weinlig-Hagenbeck als "unhanseatisch" und "nicht Hagenbeck-gemäß" bezeichnet, so das Gericht.

Hintergrund ist ein Streit zwischen den Gesellschaftern, der seit November schwelt. Damals hatte der Senior seinem Mitgesellschafter öffentlich schwere Fehler vorgeworfen. Es geht um zwei Millionen Euro, die die Stadt Hamburg dem Tierpark im Rahmen eines städtebaulichen Vertrags vorgestreckt hatte und nun zurückfordert. Joachim Weinlig-Hagenbeck vertritt den Standpunkt, der Tierpark müsse nicht zahlen, weil die Verpflichtung sich auf alte Verträge bezieht. Dem hatte Claus Hagenbeck widersprochen und angekündigt, zahlen zu wollen.

Auch über das Vorgehen in dieser Sache hatten die Gesellschafter sich bereits vor Gericht getroffen. Ergebnis war ein Vergleich mit dem Ziel, eine Verständigung mit der Stadt zu erreichen. Dabei hatte Claus Hagenbeck sich bereit erklärt, keine einseitigen Verhandlungen mit der Stadt mehr zu führen. Im Gegenzug hatte Joachim Weinlig-Hagenbeck auf die Anwendung von Verjährungsfristen verzichtet. Passiert ist seitdem nichts. Im aktuellen Streit hatte das Gericht beide Parteien dringend aufgefordert, sich außergerichtlich zu einigen. Dieser Versuch war gescheitert.

Weder Claus Hagenbeck noch Joachim Weinlig-Hagenbeck wollten sich am Freitag zu dem Urteil äußern.

Stattdessen verschickte die Pressestelle des Tierparks ein - offensichtlich - abgestimmtes Statement: "Die Prozessparteien werden das Urteil in den nächsten Tagen prüfen und möchten die Entscheidung derzeit nicht weiter kommentieren", hieß es. Deutlich ausführlicher waren die Informationen zu einem Tierpark-Ereignis. Zeitgleich mit der Urteilsverkündung bekam der neugeborene Elefantenbulle Assam seinen Namen und war zum ersten Mal öffentlich im Freigehege zu sehen. Immerhin ist das ein Grund zur Freude.