Vorsitzender Farid Müller bereitet Sondersitzung des Justizausschusses vor

Hamburg. Es ist gerade mal April, aber bereits jetzt liegt die Zahl der Suizide im Hamburger Strafvollzug über dem Jahresdurchschnitt. 55 Selbstmorde hat die Justizbehörde in den vergangenen 21 Jahren erfasst, umgerechnet 2,6 Stück pro Jahr. Nach dem Suizid von Rassul A. in der Nacht auf Donnerstag sind es in diesem Jahr bereits drei Fälle. Der 54-Jährige hatte sich in der Untersuchungshaftanstalt mit seinem Rasierer schwere Schnittverletzungen zugefügt und wurde morgens von Wärtern tot aufgefunden. In der Untersuchungshaft sind einige Alltagsgegenstände für Mahlzeiten und Körperhygiene erlaubt - zum Beispiel auch Rasierer. Das sei laut Justizbehörde in Ordnung, da es sich bei den Gefangenen nicht um Verurteilte handele und die Unschuldsvermutung gelte. Nur bei Suizidgefahr gibt es Ausnahmen.

Die wegen der Selbstmorde von CDU und Linken bereits hart kritisierte Justizsenatorin Jana Schiedek (SPD) hatte nach Rassul A.s Tod Maßnahmen zur Suizidprävention angekündigt. Sie möchte, dass die Gefangenen mehr Kontaktmöglichkeiten untereinander haben und weniger Zeit allein in den Zellen verbringen. Zudem hat sie Prof. Klaus Püschel, Leiter des Instituts für Rechtsmedizin, um eine Untersuchung gebeten. Er soll nicht nur die individuellen Todesumstände erörtern, sondern auch mögliche strukturelle Verbesserungsmöglichkeiten im Hamburger Strafvollzug aufzeigen. Bald soll es zudem eine Sondersitzung des Justizausschusses geben. "Angesichts der Häufung von Todesfällen ist eine Sondersitzung jetzt notwendig", sagte Farid Müller (Grüne), Vorsitzender des Ausschusses. "Eine externe Untersuchung ist das Mindeste, was der Staat den Toten und Angehörigen schuldet."