Garten- und Bauausstellung sollen Wilhelmsburg verändern

Den Wilhelmsburgern wird eine Menge zugemutet. Erst werden Bäume gefällt, Biotope zu Parkplätzen erklärt und Kleingärtner zum Umzug gezwungen. Dann kommen Bagger und stellen alles auf den Kopf. Inzwischen dürften sich viele Inselbewohner völlig zu Recht wie Statisten in einer überlangen Spielfilmversion von "Bob, der Baumeister" fühlen. Es kommen: neue Häuser, neue Gärten, neue Nachbarn. Es gehen: alte Gewohnheiten, alte Plätze, alte Ordnung. Im Grunde wird dem Stadtteil gerade ein komplett neuer Stadtteil übergestülpt.

Das kann man schlimm finden und angesichts der geplanten Luxuswohnungen der Internationalen Bauausstellung den Gentrifizierungsalarm ausrufen. Man verkennt aber, dass Wilhelmsburg schon seit Jahrzehnten keine homogene Masse darstellt. Plattenbauten in Kirchdorf-Süd, Altbaucharme rund um die Veringstraße, Hafenindustrie an den Flussufern - Wilhelmsburg bietet vielen Lebensentwürfen eine Heimat. Warum sollten die Internationale Gartenschau 2013 (igs) und die Internationale Bauausstellung (IBA) dem ohnehin mannigfaltigen Stadtteil nicht eine weitere Facette hinzufügen?

Dass die Baustellen und die erwarteten Besucherströme erst einmal Unmut hervorrufen, ist nachvollziehbar. Aber wenn das Scheinwerferlicht nach 2013 ausgeht und eine Nutzung des igs-Parks geklärt ist, werden viele Wilhelmsburger dieses grüne Zentrum zu schätzen wissen. Denn diesen Nutzwert mit Spiel- und Sportplätzen gab es vorher nicht.

Das ehemalige Gartenschaugelände in Potsdam oder auch Planten un Blomen in Hamburg haben eines gemeinsam: Anfangs mokierten sich viele - Planten un Blomen stand bei der IGA 1973 sogar "im Feuer der Kritik", wie das Abendblatt schrieb. Doch am Ende, nachdem die Touristen weg waren, kamen die Bewohner. Sie nahmen die Parks in Besitz.

Und was das Sozialgefüge angeht: Im Idealfall hat sich nach IBA und igs der Ruf Wilhelmsburgs verändert, mischen sich neue Edel-Wilhelmsburger unter die alten Bewohner. Dass diese Aufwertung so geballt kommt, ist zwar momentan ärgerlich, aber auch eine Chance, die nicht wiederkommt.