Marianna Psoma vermarktet Hamburger Honig. Den Nektar dafür sammeln die gestreiften Insekten aus Pflanzen, die auf dem Kiez wachsen.

Hamburg. Mit Bienen konnte sich Marianna Psoma eigentlich noch nie so richtig anfreunden. Als Kind hatte die Hamburgerin sogar richtig Angst vor den kleinen Tieren, die stechen und so wild herumschwirren. "Ich bin immer hektisch herumgesprungen, wenn eine Biene auf mich zugeflogen kam", sagt die 36-Jährige heute. "Deshalb finden es meine Eltern umso lustiger, dass ausgerechnet ich jetzt Honig mache."

Als vor einiger Zeit der Trend des "Urban Imkering"- was so viel heißt wie "Honig aus der Stadt" - aus Metropolen wie New York und Paris nach Deutschland schwappte, stand für Marianna Psoma fest: Auch Hamburg braucht unbedingt einen Stadthonig. Bisher gab es aber noch keine eigene Honigmarke, denn die zehn Imkervereine, die in der Hansestadt beheimatet sind, verkaufen ihren Honig nicht im großen Stil, sondern produzieren ihn größtenteils als Hobby. Sogar der Hamburg Airport besitzt Bienen, die auf dem Flughafengelände Nektar sammeln, der dann zum sogenannten Flughafen-Honig verarbeitet wird. Dennoch ist Marianna Psoma sicher, eine Marktlücke gefunden zu haben.

Alles begann im Frühjahr 2011, als die studierte Psychologin, die mit ihrem Vater ein Importunternehmen leitet, sich in den Kopf setzte, etwas Eigenes zu machen. Schnell war dann die Idee des Hamburger Kiez-Honigs geboren. "Ich wollte ein Trendprodukt kreieren, und weil die Hamburger so große Lokalpatrioten sind, dachte ich, mit dem St.-Pauli-Bezug könnte ich genau richtig liegen", sagt die gebürtige Hamburgerin. Und irgendwie passe das Produkt auch zu ihr, schließlich sei schon in ihrem Elternhaus alles mit Honig gesüßt worden, sogar der Kaffee.

Im Juli 2011 war es dann so weit: Marianna Psoma bot im Internet den ersten Hamburger Stadthonig an. Für die Vermarktung und den Verkauf nutzt die Jungunternehmerin das soziale Netzwerk Facebook. Heute hat ihre Seite "Kiez-Honig St. Pauli" schon mehr als 600 Fans - und die 150 Gläser der ersten Sommertracht sind längst ausverkauft. Klar war für Marianna Psoma von Anfang an, dass sie Kooperationspartner für die Verwirklichung ihres Projekts benötigt. "Für mich war wichtig, dass auch Kiez drin ist, wenn Kiez draufsteht", sagt sie. "Wenn ich den Honig unter dieser Marke vertreibe, müssen die Bienen den Nektar auch in diesem Stadtteil sammeln."

Bienen brauchen Ruhe bei der Arbeit

Nach langwierigen Recherchen machte sie zwei Hobby-Imker ausfindig, deren Bienen für sie den Kiez-Honig produzieren könnten. Bis zu diesem Zeitpunkt hatten die beiden Männer lediglich aus Liebe zu den Tieren die Bienenstöcke aufgestellt und gepflegt. "Sie stehen nahe dem Platz Park Fiction an der Elbe, sozusagen mit Blick auf die Werft von Blohm + Voss", sagt sie. Mehr darf Psoma nicht verraten. Das habe sie den Produzenten versprochen.

"Die Tiere brauchen ihre Ruhe bei der Arbeit, um den Honig zu produzieren." In einem Umkreis von etwa zwei Kilometern um das Zuhause der Bienen herum machen sich die Tierchen auf die Suche nach dem süßen Nektar. Quellen dafür sind eigentlich alle Blüten, die an Bäumen, Sträuchern und Blumen auf St. Pauli zu finden sind. Aber auch Balkonkästen, Blumen und Bäume auf Friedhöfen oder Kleingärten sind Nektarquellen. Der Honig aus Hamburg besteht größtenteils aus Nektar der Robinie, der Linde und Kastanie.

Trotz der vielen Fans, die der in den Metropole gewonnene Honig mittlerweile hat, müssen die Produzenten mit dem Vorurteil kämpfen, ihr Produkt sei qualitativ nicht so hochwertig wie Landhonig. "Die Bienenkörper sind aber die natürlichen Filter, die die Schadstoffe aus dem Nektar entfernen", sagt ein Experte des Imkervereins Hamburg-Altona. "Es klingt paradox, aber die Pflanzenvielfalt in der Stadt ist wesentlich höher als auf dem Land. Dort gibt es nur die großen Agrarflächen, eine regelrechte Blütenwüste." Marianna Psoma selbst wird durch die Honigproduktion langsam, aber sicher zur Expertin. "Es ist eine Win-win-Situation für die Bienen", sagt sie. "Weil die Tiere Nektar aus vielen verschiedenen Pflanzenarten sammeln, wird ihr Immunsystem gestärkt."

Es profitieren jedoch nicht nur Feinschmecker und Bienen von Psomas Stadthonig. Ein Glas kostet 6 Euro. 1 Euro davon geht an die Leseförderung für Kinder im Stadtteilzentrum Kölibri auf St. Pauli. Und mit den Spenden, die der Kiez-Honig einbringt, soll noch lange nicht Schluss sein. Marianna Psoma will das Repertoire ihrer Kiez-Reihe erweitern. In konkreter Planung ist derzeit ein Kaffee, der in einer Rösterei in Altona produziert werden soll. Momentan steht jedoch der Honig im Fokus. "Wir müssen nun auf gutes Wetter hoffen, damit die Bienchen für mich losfliegen können, um neuen Honig zu sammeln. Damit ich im Sommer neue Gläser verschicken kann."