Eine Glosse von Armgard Seegers

Das war doch mal was! Zu ihrer gestrigen Sendung "Menschen bei Maischberger" hatte die Moderatorin lauter Gäste mit Echtheitszertifikat eingeladen. Über die Frage: "Kann jeder zum Mörder werden?" diskutierten Betroffene. Menschen, die wirklich betroffen waren, weil sie etwas Unfassbares erlebt und zu erzählen haben. Keine Betroffenheits-Wichtigtuer, die in einer Straße wohnen, in der ein Zone-30-Schild aufgestellt wird, oder Wutbürger, die sich darüber aufregen, dass in ihrer Nachbarschaft Frösche quaken oder Kinder spielen.

Im Fernsehen diskutierten, so wurde es auf den Fernsehseiten angekündigt, Ursula S. (Ehefrau des Doppelmörders von Krailling), Iris Pfeifer (Mörderin), Dagmar Eichhorn (Mutter eines Mörders) und Bianca Scholz (überlebte Mordversuch). Mehr geballtes Fachwissen geht nicht. Nun trifft man ja oft in Talkshows auf wirkliche Fälle. Aber wie viel spannender ist es, in mörderische Abgründe zu blicken, als Veganern dabei zuzusehen, wie sie Tipps über Käseersatz und vegane Schuhsohlen austauschen. Und immer nur Ingrid van Bergen, die einst aus Eifersucht ihren Freund ermordete, als themenaffiner Talkshowgast ist auch recht einseitig.

Das Medium, das uns 30-mal pro Woche zeigt, wie man final würgt, sticht und schießt, hat uns mit Töten überfüttert. Ebenso die Literatur. Die wahren Dramen erfährt man selten. Wenn der Täter gefasst wird, kommt im TV das Ende. Welch Irrtum.