Frankreich vor der Wahl. Nicolas Sarkozy freut sich auf mehr Zeit mit Carla, François Hollande, von Valérie umgestylt, setzt auf Sieg

Generell sollen die Franzosen sehr charmant sein. Sagt man. Aber: keine Regel ohne Ausnahme! Nehmen wir nur mal die Ex von Nicolas Sarkozy. Cécilia. Die an der Seite ihres ehrgeizigen Mannes im Wahlkampf 2007 trotz des schief hängenden Haussegens die treu sorgende Ehefrau mimte. Und was war der Dank dafür? Nach dem Wahlsieg wurde sie in die Wüste geschickt, und Monsieur le Président heiratete Carla Bruni. Sie wissen schon, dieses langbeinige Ex-Model, das früher Männer wie Mick Jagger oder Kevin Costner beglückt hat und heute mit rauchiger Stimme selbst geschriebene Lieder singt. Zum Beispiel "Tu es ma came, ma toxique, ma volupté suprême", was übersetzt so viel heißt wie "Du bist meine Droge, mein Gift, mein größtes Verlangen" und der geschiedenen Frau Sarkozy, da möchte man mal wetten, keine Freude macht.

Eine andere hat den Wahlkampf von 2007 auch in sehr uncharmanter Erinnerung. Ségolène Royal, die Spitzenkandidatin der Sozialisten. Die musste während des Wahlkampfes feststellen, dass sich ihr langjähriger Lebensgefährte und Vater ihrer vier Kinder, der Parteivorsitzende François Hollande, in eine "Paris-Match"-Reporterin verknallt hatte. Wütend und gedemütigt ließ sich Madame Royal damals dazu hinreißen, beim Chefredakteur anzurufen und zu verlangen, die Redaktion möge diese Dame doch bitte schleunigst von der Berichterstattung abziehen. Was dem Chefredakteur natürlich nicht im Traum einfiel. Der Rest ist Geschichte. Royal unterlag Sarkozy, und kurz danach ließ sie ihre Landsleute wissen, dass sie Monsieur Hollande vor die Tür gesetzt habe.

So war das vor fünf Jahren. Und heute - Zufälle gibt's! - stehen sich Nicolas Sarkozy und François Hollande im Wahlkampf gegenüber.

Hollande wurde von den Sozialisten aufgestellt, nachdem sich der eigentliche Wunschkandidat diskreditiert hatte. Sie erinnern sich? Dominique Strauss-Kahn, der Mann, der Frauen gern als "Material" bezeichnet. Wofür, das ist hinlänglich bekannt und muss hier nicht mehr erläutert werden. Jedenfalls ist Hollande jetzt im Rennen. Ein Mann, den die Franzosen gern als "Pudding" verspottet haben, weil er so harmlos wirkte und ein bisschen übergewichtig war.

Wer den Mann heute sieht, erkennt ihn kaum wieder. Richtig smart wirkt er in den Maßanzügen. Dazu die neue Brille - très chic. Und die Franzosen ahnen auch, wer diese Wende herbeigeführt hat: Valérie Trierweiler, die schöne "Paris-Match"-Frau. Dass Hollande seinen Landsleuten trotz der katastrophalen Staatsverschuldung 60 000 neue Lehrer verspricht und das Renteneintrittsalter, das die Regierung Sarkozy bis 2018 schrittweise auf 62 Jahre angehoben hat, wieder bei 60 zementieren will, tut ein Übriges: Für den ersten Wahlgang am Sonntag sehen alle Demoskopen Hollande vor Sarkozy, und die für den 6. Mai angesetzte Stichwahl, heißt es, werde der Sozialist deutlich gewinnen. Der 57-Jährige selbst ist von seinem Aufstieg schon leicht berauscht. Wie hat er vor einer Woche auf der Großkundgebung in Vincennes gesagt? "Der Augenblick nähert sich: Ich stelle mir das Glück von morgen vor!"

Nicolas Sarkozy hat unterdessen beschlossen, die Augen vor dem drohenden Unglück fest zu verschließen. "Wir pfeifen auf die Umfragen", hat er seinen Sympathisanten auf der Place de la Concorde zugerufen. Und schnell das sozialistische Schreckgespenst in die Luft gepinselt: "Wenn ihr die Linke wählt, dann bekommt ihr griechische oder spanische Verhältnisse!"

Die beiden Widersacher sind gleich alt: 57. Der Unterschied ist: François Hollande will es in diesem fortgeschrittenen Alter endlich wissen, Nicolas Sarkozy hat vor Kurzem zum Schrecken seiner konservativen Anhänger mit dem Ausstieg aus der Politik kokettiert. Es wäre doch schön, hat der amtierende französische Staatspräsident Ende Januar auf einer Auslandsreise gemeint, die Arbeitswoche "am Dienstag zu beginnen und am Donnerstagabend zu beenden". Es war nicht schwer, Müdigkeit und Resignation angesichts der möglicherweise bevorstehenden Niederlage daraus abzulesen.