Ein Kommentar von Achim Leoni

Ein Gutes könnte es haben, dass die Formel 1 am Wochenende durch Bahrain rollt: Es führt der Welt einen politischen Krisenherd vor Augen, der andernfalls womöglich in Vergessenheit geraten wäre. Angesichts der massiven Medienpräsenz dürfte sich das Regime mit Gewaltanwendung sogar für einige Tage zurückhalten.

Wieder einmal hat sich die Formel 1 politisch verfahren. Die Haltung von Weltverbandspräsident Jean Todt, dass man sich allein für den Sport zu interessieren habe, ist entweder naiv oder verantwortungslos oder beides. Motorsport ist nicht die Brutstätte von Menschenrecht, Moral und Demokratie. Aber Todt und Promoter Bernie Ecclestone können nicht so tun, als gingen sie die Unruhen jenseits der Fangzäune nichts an. Indem sie 2004 dem Lockruf des Geldes hinterherfuhren, haben sie dazu beigetragen, das totalitäre Herrscherhaus des Wüstenstaats zu legitimieren. Jetzt werden sie von den Verhältnissen überholt.

Sie auszublenden hat in der Branche traurige Tradition. Ob während der argentinischen Militärdiktatur oder der Apartheid in Südafrika, ob in Bahrain, China oder von 2014 an in Russland: Wer nur bereit ist, dafür zu bezahlen, bekommt die PS-Show nach Hause geliefert. An diesem Prinzip hat sich offenbar nichts geändert.

Mit einer Absage des Rennens vom Sonntag hätte die Formel 1 bei allem finanziellen Verlust ein Stück Reputation zurückgewinnen können. Diese Chance ist vertan. Am Montag zieht die Grand-Prix-Karawane weiter. Zurück bleibt ein Konflikt, der seit Februar vergangenen Jahres 50 Menschenleben gekostet hat. Wir alle sind gefordert, weiter genau hinzusehen.