Staatsanwalt leitet Verfahren gegen Verlobte von Alexander S. ein, die von Cannabis-Konsum nichts gewusst haben will

Hamburg. Es war wohl ein Liebesbeweis, aber nun muss Nina P. mit einer Freiheitsstrafe wegen Falschaussage rechnen. Die Verlobte des Unfallfahrers von Eppendorf, Alexander S., hatte vor gut einer Woche vor dem Landgericht ausgesagt, allerdings bei einer zweiten Vorladung, bei der Nachfragen zu ihren sehr angeklagten-freundlichen Schilderungen gestellt werden sollten, von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch gemacht.

"Wir gehen davon aus, dass eine falsche uneidliche Aussage vorliegt", sagt Oberstaatsanwalt Wilhelm Möllers. Deshalb wurde Anfang dieser Woche ein Verfahren eingeleitet. Das Strafmaß liegt bei drei Monaten bis zu fünf Jahren. Auch gegen den Vater der 37-Jährigen, der ebenfalls als Zeuge aussagte, wurde jetzt ein Verfahren eingeleitet. Am 12. März 2011 war Alexander S. an der Kreuzung Eppendorfer Landstraße/Lenhartzstraße mit einem Fiat in eine an einer Fußgängerampel wartende Menschengruppe geschleudert. Dabei kamen der Sozialwissenschaftler Günter Amendt, der Schauspieler Dietmar Mues und seine Ehefrau Sibylle sowie die Künstlerin Angela Kurrer ums Leben. Eine Haaranalyse wies einen regelmäßigen bis täglichen Cannabiskonsum des Fahrers nach. Zudem wurden im Blut Spuren eines Medikaments gegen Epilepsie gefunden. Gegen S. wird nun wegen fahrlässiger Tötung in vier und Körperverletzung in drei Fällen sowie vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs verhandelt.

Cannabiskonsum? "Davon ist mir nichts bekannt", sagte Nina P. in ihrer Aussage. Epilepsie? "Davon ist mir nichts bekannt." Autofahrten? "Er ist sonst nie gefahren." Schon damals sagte die Richterin, sie habe ein Problem mit diesen Antworten. Schließlich ist das Paar seit 15 Jahren liiert. Nun gibt es konkrete Anhaltspunkte, dass die Frau gelogen hat.

"Wir haben häufiger Anfälle von Herrn S. miterlebt", sagte gestern, am fünften Verhandlungstag, eine ehemalige Kollegin des Angeklagten. Er sei dann nicht ansprechbar gewesen, habe einen starren Blick gehabt und zum Beispiel Papier in seinen Händen zusammengeknüllt. Bei größeren Anfällen nässte er sich auch ein. "Da haben wir Nina angerufen, und sie kam mit frischer Kleidung und holte ihn ab." Außerdem habe S. im Kollegengespräch gesagt, dass seine Partnerin sich inzwischen an die Anfälle gewöhnt habe.

Seitens des Arbeitgebers gab es bereits ein Fahrverbot. "Er hat seine Krankheit nicht akzeptiert", sagt die Kollegin, die ihn mal beim Fahren erwischte. "Ich dachte, wie kann er sich nur wieder ins Auto setzen?" Schließlich gab es bereits drei schwere Unfälle. "Wir haben ihm öfter gesagt, dass das unverantwortlich ist."

Gegen Ende der Verhandlung kündigte Verteidiger Ralph-Dieter Briel noch etwas an, worauf viele schon so lange gewartet haben: S. will sich demnächst selbst zur Sache äußern.