Die strategische Beteiligung am Versorgungsnetz von 25,1 Prozent sichert der Stadt substanziellen Einfluss auf die Energiepolitik

Auf der Internationalen Bauausstellung in Wilhelmsburg war ich kürzlich bei der Grundsteinlegung für das weltweit erste Algenhaus. Algen sollen dort Biomasse und Wärme produzieren. Damit wird das Haus beheizt. Die Experten sind sich sicher, dass die Algen auch in eiskalten Wintern für mollige Wärme im Wohnzimmer sorgen können. So wie dieses Algenhaus sieht für mich Zukunft aus. Und nicht nur für mich. Viele Hamburger sind sich darin einig, dass die Zukunft den erneuerbaren Energien gehört.

Der Bundestag hat im letzten Sommer den Atomausstieg beschlossen. Vor diesem Hintergrund und vor dem des Volksbegehrens zur Rekommunalisierung der Energienetze hat der Senat im vergangenen Jahr Gespräche mit den Energieversorgern aufgenommen. Die Verhandlungen haben in nur wenigen Monaten substanzielle Ergebnisse gebracht und in Hamburg die Energiewende eingeleitet. Ein erster Schritt sind die Kooperationsverträge mit den Energiekonzernen Vattenfall und E.on. Die Stadt will sich mit 25,1 Prozent an den Netzgesellschaften für Fernwärme, Strom und Gas beteiligen. Warum 25,1 Prozent und nicht mehr?

Die Antwort: Zum einen eröffnet uns diese strategische Beteiligung einen substanziellen Einfluss auf die Energiepolitik. Eine vollständige Übernahme der Energieverteilnetze - also bildlich gesprochen der Rohrleitungen und Kabel - hätte uns keinen Einfluss auf Energieversorgung und Energieträger gebracht. Zum anderen ist schon dieses Viertel der Netzanteile eine große Investition. Dafür zahlen wir 543,5 Millionen Euro. Allerdings haben wir eine Garantiedividende ausgehandelt, die eine solide und nahezu risikofreie Verzinsung des Kaufpreises garantiert. Die Forderungen der Initiative hätten die Steuerzahler voraussichtlich mehr als 2,2 Milliarden Euro gekostet - und die Notwendigkeit mit sich gebracht, in der Folge weit mehr zu investieren.

Wir haben also nicht mehr Geld ausgegeben, als wir können, und haben uns trotzdem den Einfluss gesichert, den wir benötigen, um mitbestimmen zu können, wie künftig für 1,8 Millionen Hamburger Energie erzeugt wird und die Netze für die Zukunft ausgebaut und ertüchtigt werden. Bleibt die Frage nach der Angemessenheit des Preises. Auch da haben wir Experten und Gutachter zurate gezogen. Ihre Auffassung: Hamburg zahlt einen angemessenen Preis.

Zudem stehen wir vor großen rechtlichen Risiken, wenn wir die von manchen geforderte 100-prozentige Rekommunalisierung vorantreiben würden. Langwierige Gerichtsverfahren und hohe Finanzierungsrisiken könnten die Folge sein. 25,1 Prozent Netzbeteiligung: Das lohnt sich dagegen schon jetzt für Hamburgs Zukunft. 1,6 Milliarden Euro werden - so ist vertraglich festgelegt - hier investiert. Das sichert Arbeitsplätze mit hohen Sozialstandards und guter Mitbestimmung für mehrere Tausend Menschen in der Metropolregion.

Gerade bei der Fernwärmeversorgung zeigt sich der Erfolg der Vereinbarungen. Es ist uns gelungen, die Fernwärmeanbindung des Kraftwerks Moorburg durch ein Innovationskraftwerk zu ersetzen - genauer: ein erdgasbefeuertes, fernwärmeoptimiertes Gas- und Dampfkraftwerk mit integrierten Energiespeichern. Das neue GuD-Kraftwerk, dessen angeschlossene Wärmespeicher auch mit Windkraft betrieben werden können, wird in Wedel oder in Stellingen entstehen und 2016 ans Netz gehen.

Das ist auch praktizierter Klimaschutz. Allein mit dieser Entscheidung lassen sich 170 000 bis 270 000 Tonnen CO2 einsparen. Dabei ist klar: Das Kraftwerk wird gebaut, lediglich der Standort steht noch unter Wirtschaftlichkeitsvorbehalt.

Wer eine Energiewende einleiten will, kann sich nicht allein auf den Kauf von Netzen beschränken. Der braucht ein energiepolitisches Gesamtkonzept. Es ist uns gelungen, aus der Konfrontation und aus Rechtsstreitigkeiten mit ungewissem Ausgang eine partnerschaftliche Kooperation zu begründen. Damit sind wir in Sachen Energiewende handlungs- und entscheidungsfähig. Und das bereits jetzt.

Das Algenhaus, das auf dem IBA-Gelände entsteht, ist das weltweit erste seiner Art. Noch gestern war es Zukunftsmusik. Heute ist es bereits Gegenwart. So schnell kann - wenn man es richtig anpackt - aus Vision Realität werden. Für die Energiewende in Hamburg erwarte ich nichts anderes.