Kette Eiszeit will wachsen. Auch Eis Schmidt eröffnet neue Geschäfte in der Innenstadt und in Othmarschen. Höhere Preise für Kugeln.

Hamburg. Ein Duft aus Kaffee und Schokolade dringt aus der ehemaligen Garage im Hinterhof an der Müggenkampstraße. Mit gekonntem Schwung streicht ein Mitarbeiter der Firma Eiszeit über die zehn Liter frisches Espresso-Eis, die gerade aus der wummernden Maschine in der kleinen Produktionsküche fließen. Auf den Regalen stapeln sich kleine, weiße Plastikeimer mit Gummibärchen, zerbrochenen Oreo-Keksen, zerbröselten Tortenböden oder Marshmellows - alles Zutaten für die ungewöhnlichen Eiskreationen des Hamburger Unternehmens.

Mit Sorten wie Priapismus (Vanilleeis mit Caramelsoße und Daim-Stücken), Milchstraße (mit Milky Way) oder Kalter Hund (mit Butterkeksen und Schokolade) hat sich die 1995 gegründete Firma zu einer der größten Eisketten Hamburgs gemausert. Gerade hat Geschäftsführerin Sylwia Weiss ihre sechste Filiale in Langenhorn eröffnet. "An diesem Wochenende soll das siebte Geschäft in Poppenbüttel hinzukommen", sagt die energische, blonde Frau, die aus einer alten Blankeneser Gastronomenfamilie stammt und das Unternehmen 2003 vom ehemaligen Inhaber übernahm.

Knapp eine Million Euro hat die Eiszeit-Chefin im vergangenen Jahr erwirtschaftet. Weil das Geschäft gut läuft, plant sie bereits den nächsten Expansionsschritt für die Kette. "In etwa zwei Jahren wollen wir unser System auf Franchise umstellen", sagt Weiss. "Schon jetzt bekommen wir regelmäßig Anfragen von Interessenten aus ganz Deutschland, die unser Konzept übernehmen wollen." Nur die Produktion soll künftig noch in der Hand der 35-Jährigen bleiben, die einzelnen Eiszeit-Läden sollen hingegen die Franchisenehmer führen. Die Umstellung des Systems soll nicht nur das weitere Wachstum erleichtern, sondern ist für die Inhaberin auch ein Weg, um den eigenen Arbeitsaufwand zu begrenzen. "Derzeit bin ich sehr verfangen im operativen Geschäft, vor allem gutes Personal zu bekommen, kostet viel Zeit", sagt Weiss. Weil sie ihre etwa 80, überwiegend weiblichen Mitarbeiter nur etwa acht Monate im Jahr beschäftigen kann, springen viele der jungen Frauen nach kurzer Zeit wieder ab.

Mit einem hohen persönlichen Engagement treiben auch Katja und Matthias Schmidt den Ausbau ihrer Kette Eis Schmidt voran. Im Augenblick sind die Chefs des Eppendorfer Unternehmens häufig bei Malerarbeiten in den Colonnaden anzutreffen, wo sie Anfang Mai ihre achte Filiale eröffnen wollen, kurz darauf soll ein weiteres Geschäft in Othmarschen aufmachen.

"Wir gestalten unsere Läden komplett selbst, nur Klempner- und Elektrikerarbeiten überlassen wir den Handwerkern", erzählt Katja Schmidt, während sie den Arm um die Schulter ihres Mannes legt. Aus Liebe haben die Schmidts vor sechs Jahren ihr erstes Eiscafé an der Eppendorfer Landstraße aufgemacht. "Wir wollten eine Arbeit finden, bei der wir rund um die Uhr zusammen sein können", sagt der gelernte Konditor und Wirtschaftsinformatiker Matthias Schmidt, der vor seinem Einstieg ins Eisgeschäft eine Multimediaagentur leitete. Seine Frau arbeitete als Einkäuferin für eine große Modekette.

Konzeptionell geht Eis Schmidt ähnliche Wege wie der Konkurrent Eiszeit, auch hier gibt es ungewöhnliche Kreationen wie Gummibärchen-Eis, Kekskrümel oder Milchreis-Eis. "Wir versuchen aber, uns durch hochwertige Zutaten und viel Handarbeit von der Konkurrenz abzusetzen", sagt der Chef. So kocht er den Kompott für sein Rhabarbereis noch immer selbst oder verwendet besonders viele Pistazien für die neue Sorte Grünes Gold.

Der große Aufwand hat allerdings auch seinen Preis. Bis zu 1,40 Euro pro Kugel müssen die Kunden bei Eis Schmidt auf den Tresen legen. Der Höchstpreis gilt für Sorten mit teuren Rohstoffen wie das Pistazieneis, die meisten Varianten kosten 1,20 Euro - zehn Cent mehr als im vorigen Jahr. "Die Preiserhöhung tut auch uns weh, ist aber wegen der immer höheren Kosten unvermeidlich", sagt Matthias Schmidt.

Im Vergleich mit der Konkurrenz zählt Eis Schmidt damit zu den teureren Eisdielen in Hamburg. Wettbewerber Eiszeit hat die Preise zuletzt im August vergangenen Jahres heraufgesetzt und verlangt seitdem einen Euro. Angelo Livotto, der die Hanseaten schon seit Jahrzehnten mit seiner Eiswagenflotte versorgt, nimmt seit dieser Saison zwar ebenfalls zehn Cent mehr pro Kugel, liegt mit 90 Cent aber noch immer hinter den Ketten. "Zu uns kommen sehr viele Kinder, da können wir nicht noch höhere Preise verlangen", sagt er.

Für Italiener wie Livotto, die einst die Eisbranche in Hamburg unter sich aufteilten, wird das stark wetterbedingte Geschäft durch die Expansion der deutschen Ketten nicht gerade einfacher. Auch viele alteingesessene Läden und Einzelkämpfer sind der neuen Konkurrenz nur schwer gewachsen. "Auf dem Hamburger Eismarkt erleben wir schon seit Jahren einen Verdrängungswettbewerb", sagt Gregor Maihöfer, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands (Dehoga) in der Hansestadt. So ersetzt Eis Schmidt in Othmarschen eine Bio-Eisdiele. Und Konkurrent Eiszeit rückt in Poppenbüttel an die Stelle von Lehnchens Eis, das Bewohnern des Stadtteils über Jahre ein Begriff war.

Manch ein Eisdielenbesitzer hält sich allerdings auch ganz bewusst aus dem Wettkampf um immer neue Standorte heraus. "Ich lege Wert darauf, dass unser Eis täglich frisch ist und nur dort hergestellt wird, wo wir es auch verkaufen", sagt Eisliebe-Chef Franz Hansert, der als einer von ganz wenigen Unternehmern in Hamburg junge Speiseeishersteller ausbildet und vor dessen Ottensener Geschäft sich im Sommer regelmäßig lange Kundenschlangen bilden. Daher komme für ihn ein zentrale Produktion, von der aus mehrere Filialen beliefert werden, nicht infrage. Eine weitere Eisdiele hat er im vergangenen Jahr am Eppendorfer Weg eröffnet. "Das genügt, sonst leidet die Qualität", sagt Hansert.