Wie errechnen sich die Kosten? Dürfen Hausbesitzer sie auf die Mieter umlegen? Können Anlieger die Bescheide anfechten?

Knapp 1300 Straßen in Hamburg sind offiziell nicht fertiggestellt - aber in Benutzung. Das soll sich nun ändern. Auf die Anlieger können Kosten von mehreren Tausend Euro zukommen. In vielen Wohngegenden regt sich daher Widerstand gegen Ausbaupläne für Straßen. Das Hamburger Abendblatt beantwortet die wichtigsten Fragen zu dem Thema.

Warum ist das Thema jetzt aktuell?

Der SPD-Senat hat beschlossen, nicht fertiggestellte Straßen herrichten zu lassen. Er folgt damit einer alten Forderung des Landesrechnungshofs. Dieser wirft seit 1998 allen Senaten vor, berechtigte Forderungen über 120 Millionen Euro nicht einzutreiben.

Welche Rechtsgrundlage gibt es?

Als rechtliche Grundlagen gelten §§ 127 bis 135 Baugesetzbuch, §§ 44 bis 63 Hamburgisches Wegegesetz sowie das Gesetz über die Höhe der Einheitssätze nach dem Hamburgischen Wegegesetz.

Bis wann sollen die Baumaßnahmen abgeschlossen sein?

Geplant ist, dass die Straßen innerhalb von 20 Jahren endgültig hergestellt und abgerechnet werden. Das sind etwa 50 Straßen pro Jahr.

Wer ist zuständig für die Umsetzung?

Zuständig für die "endgültige Herstellung" sind die Bezirksämter. Sie entscheiden, welche Straßen in ihrem Bezirk als "nicht fertiggestellt" gelten, und planen die Umsetzung. Der Senat wird mit den sieben Bezirken ähnlich wie über die Ziele beim Wohnungsbau einen "Vertrag für Hamburg" abschließen, in dem die Details geregelt sind.

Wie sieht eine fertige Straße aus?

Allgemeine Regeln, wie eine Straße in Hamburg aussehen muss, gibt es nicht. Die örtlichen Begebenheiten sind entscheidend dafür, ob beispielsweise ein befestigter Fußweg nötig ist, Parkbuchten gebaut werden müssen oder ein neuer Bordstein gebraucht wird.

Wie können Anwohner Einfluss auf die Planung und Ausführung nehmen?

Der Senat hat die Bezirke dazu aufgefordert, die Anlieger in das Verfahren mit einzubinden. Wie der Bezirk damit umgeht, liegt im eigenen Ermessen. In vielen Fällen werden die Anlieger zu Bürgersprechstunden eingeladen oder aufgefordert, ihre Wünsche an das Bezirksamt zu richten.

Wann gilt eine Straße als endgültig fertiggestellt und abrechnungsreif?

Wenn alle Baumaßnahmen ausgeführt sind, bedeutet das nicht automatisch, dass eine Straße als fertiggestellt eingestuft wird. Erst wenn der Verwaltungsvorgang abgeschlossen ist, kann die Finanzbehörde auch das Geld eintreiben.

Nach welcher Reihenfolge werden die Straßen abgearbeitet?

Die Bezirke müssen eine vollständige Übersicht aller betroffenen Straßen erstellen und nach Dringlichkeit ordnen. Faktoren sind dabei zum Beispiel die Wirtschaftlichkeit, die Verbesserung der Verkehrssicherheit und die Gestaltung.

Mit welchen Kosten müssen Grundstückseigentümer rechnen?

Je größer ein Grundstück ist, desto höher ist die Kostenbeteiligung. Wird das entsprechende Grundstück gewerblich genutzt, ist der Beitrag höher als bei einer privaten Nutzung. Die Gesamtkosten für den Ausbau der Straße werden dann mithilfe dieser verschiedenen Faktoren auf die Grundstückseigentümer aufgeteilt. Sehr grob kann von einem Durchschnittswert von 10 000 Euro pro Grundstück gesprochen werden.

Welchen Kostenanteil trägt die Stadt?

Da auch eine Anliegerstraße eine Funktion für den allgemeinen Verkehr hat, trägt die Stadt einen Eigenanteil. Dieser beträgt mindestens zehn Prozent. Ist eine Straße besonders breit, gelten Sonderregelungen.

Warum werden zum Teil erst Jahre nach dem Abschluss der Bauarbeiten die Rechnungen verschickt?

Rechnungen können erst abgeschickt werden, wenn der Verwaltungsvorgang abgeschlossen ist. Das kann Jahre dauern. Häufig zieht sich schon die Abrechnung der Stadt mit den Baufirmen lange hin, weil zunächst geprüft wird, ob die Arbeiten sorgfältig ausgeführt wurden oder ob Schäden an den Straßen auftreten.

Welche Auswirkungen hat ein Grundeigentümerwechsel?

Die Rechnung über den Anliegerbeitrag bekommt immer der aktuelle Grundeigentümer zugeschickt. Ein eventueller Vorbesitzer, der noch nichts für die Erschließung bezahlt hatte, hat schlicht Glück gehabt. Mögliche Ausnahme: Im Kaufvertrag kann geregelt sein, dass die Kosten nachträglich zwischen Käufer und Verkäufer aufgeteilt werden.

Dürfen Grundeigentümer anfallende Kosten auf die Mieter umlegen?

Nein. Für die Finanzierung ist der Grundeigentümer verantwortlich. Lediglich Kosten, die für Modernisierungsmaßnahmen an Haus oder Wohnung entstehen, können umgelegt werden. Die Fertigstellung von Straßen fällt nicht unter diese Kategorie.

Bis wann müssen die Rechnungen beglichen werden?

Die gesetzliche Zahlungsfrist beträgt einen Monat, nachdem der Grundeigentümer den Zahlungsbescheid erhalten hat. Sollten die Rechnungen nicht beglichen werden können, kann ein Antrag über eine Stundung oder Ratenzahlung gestellt werden.

Kann Widerspruch gegen den Bescheid eingelegt werden?

Ja, innerhalb eines Monats nach dem Erhalten des Bescheides. Dennoch muss der Beitrag fristgerecht gezahlt werden. Zudem kann das Widerspruchsverfahren kostenpflichtig sein, wenn es nicht erfolgreich für den Eigentümer ausgeht.