Die Kontrahenten im US-Wahlkampf stehen fest. Rick Santorum bleibt dem Land erspart.

Man stelle sich einen Moment lang vor, die USA, das sicher immer noch mächtigste und einflussreichste Land der Erde, würde von einem Mann regiert, der einen Vater im Gefängnis für erstrebenswerter hält als einen schwulen Vater. Der Darwins Evolutionstheorie als Blödsinn und wissenschaftliche Erkenntnisse über die Erderwärmung als linke Verschwörung verwirft. Der Religionsausübung am Arbeitsplatz fordert, Muslime als Feinde Amerikas empfindet und der sich nach eigener Darstellung "fast übergeben hätte" beim Anhören einer Rede des ikonenhaften Präsidenten John F. Kennedy über die Trennung von Staat und Kirche. Den USA wird eine Präsidentschaft von Rick Santorum, dem wohl konservativsten republikanischen Kandidaten seit dem berüchtigten Senator Barry Goldwater 1964, vorerst erspart bleiben.

Der Mann der Stunde ist sein innerparteilicher Erzrivale Mitt Romney. 651 von 1144 Delegiertenstimmen hat er schon, die 272 von Santorum könnten ihm nun wohl zugutekommen. Die meisten Republikaner dürften erleichtert aufatmen, denn Santorum, der Romney über Wochen im Vorwahlkampf ernsthaft bedrängt hatte, war selbst für die Grand Old Party (GOP) praktisch unwählbar. Und das will bei deren derzeitigem programmatischen und personellen Angebot wirklich etwas heißen.

Santorum scheiterte letztlich daran, dass er außer extremen Positionen und überschäumenden Emotionen wenig zu bieten hatte. Titelverteidiger Barack Obama darf nun die beiden übrigen GOP-Kandidaten, den unberechenbaren Hitzkopf Newt Gingrich und den blassen Liberalkonservativen Ron Paul, weitgehend ignorieren und sich auf Romney konzentrieren. Dabei kann er sich genüsslich auf all die Munition stützen, die vor allem Santorum, aber auch Gingrich gegen Romney aufgeboten hatten.

Dessen Strahlkraft bezüglich der Mittel- und Unterschicht der USA ist ohnehin nicht sonderlich ausgeprägt. Romneys weitgehend durch Firmenzerschlagungen erworbenes Privatvermögen von wenigstens einer Viertelmilliarde Dollar, auf dessen Zinsen er gerade einmal 14 Prozent Steuern zahlt, sein Eingeständnis, er liebe es, ab und zu Leute zu feuern - was er in früheren Jahren auch aus Leibeskräften getan hat -, und der eingestandene vorübergehende Besitz eines Schweizer Bankkontos wärmen dem von der Krise eingeschnürten US-Durchschnittsbürger nicht eben das Herz.

Barack Obama hat bereits damit begonnen, eine weit gespannte Gerechtigkeits- und Fairnessdebatte loszutreten und dabei die "soziale Kälte" des Kandidaten Romney detailreich ins Feld zu führen.

Dessen Chancen liegen nun darin, das Stottern der US-Wirtschaft Obama anzulasten und seine eigene fachliche Manager-Kompetenz zu betonen. Derzeit führt Obama vor Romney, doch sollten die wirtschaftlichen Indikatoren bis November nicht nach oben zeigen, wird es für den Präsidenten knapp. Allerdings hat auch Romney ein ganz erhebliches Problem: Im innerparteilichen Kampf mit dem erzkonservativen Santorum hat er einige seiner früher durchaus liberalen Positionen aufgegeben, um das Wählerpotenzial der Tea Party zu erreichen. Damit hat er sich zu Obamas Entzücken in eine rechte Ecke manövriert, aus der er sich nun herauswinden muss, ohne an Glaubwürdigkeit zu verlieren.

Der bislang schon teuerste Vorwahlkampf der US-Geschichte mit einem massiven Engagement der mächtigsten Wall-Street-Geldhäuser aufseiten Romneys zeigt zudem in beunruhigender Weise, dass die schiere Macht des Geldes einen ganz entscheidenden Faktor im politischen Auswahlsystem der USA darstellt.