Vielleicht bedarf es erst einmal der Trauer über das Sterben, um der Freude über das Leben, das bleibt, zum Durchbruch zu verhelfen

Vom Altonaer Rathaus gehe ich in wenigen Schritten zur evangelischen Christianskirche. Sie liegt am Übergang der Klopstockstraße zur Elbchaussee. Dort befindet sich auf dem alten Friedhof das Grab des Dichters Friedrich Gottlieb Klopstock. Der Dichter Johann Wolfgang von Goethe und andere Zeitgenossen haben dessen Verse hoch geschätzt.

Seit 1770 lebte Klopstock in Hamburg. Hier starb er 1803. Auf seinem Grabstein lese ich: "Nahet ihr Christen mit Wehmut und mit Wonne der Ruhestätte des heiligen Sängers."

Heiliger Sänger - so erschien er vielen, weil er in seinem Werk "Der Messias" und in mehreren Gedichten Tod und Auferstehung Jesu gepriesen hat.

Rund 125 Jahre später vertont in Hamburg der Komponist Gustav Mahler Verse aus Klopstocks Gedicht "Die Auferstehung". Mahler formt daraus den letzten Satz seiner "Auferstehungssinfonie". Heute ist sie in allen Konzertsälen der Welt zu hören. Ob dann allen bewusst ist, dass es zwei Hamburger sind, die hier dem Glauben an das ewige Leben mit Mitteln der Kunst Ausdruck verleihen, das weiß ich nicht. Wohl aber, dass dadurch viele Menschen im Innersten angerührt werden.

Aus Klopstocks Gedicht spricht frohe österliche Zuversicht: "Auferstehen, ja auferstehen wirst du, mein Staub, nach kurzer Ruh'." Dieses Vertrauen in eine Zukunft nach dem Tod wird zu Ostern in allen christlichen Kirchen gefeiert. Selbst wenn für manche vielleicht die Ostereier das Einzige sind, was sie mit Ostern verbinden, so stehen auch diese noch für Leben und Freude.

Gustav Mahler erhielt die Anregung für den Abschluss seiner Auferstehungssinfonie ausgerechnet bei einer Beerdigung, und zwar im Großen Michel. Vielleicht bedarf es erst einmal der Trauer über das Sterben, um der Freude über das Leben, das bleibt, zum Durchbruch zu verhelfen.

Vielleicht trösten wir uns oft zu schnell mit unseren künstlich ausgeleuchteten Lebensräumen über die unvermeidbare Finsternis des Todes hinweg. Nur wenn ich auch das Todesdunkel des Karfreitags an mich herankommen lasse, werde ich empfänglicher für die Botschaft vom ewigen Leben.

Zu Ostern singen wir in unseren Gottesdiensten wieder Klopstocks Verse "Preis dem Todesüberwinder, der da starb auf Golgotha". Wer darin einstimmt, der kann die Erfahrung machen, dass gerade durch Singen sich die Osterfreude im Menschen ausbreiten kann. Vor allem dann, wenn jemand sich die Aussage des Dichters Paul Celan zu eigen macht: "Es sind noch Lieder zu singen jenseits der Menschen."

Nahe am Grab Klopstocks braust Tag und Nacht der Verkehr vorüber. Aber Friedrich Gottfried Klopstock und Gustav Mahler sind auf ihre Weise Zeugen einer Hoffnung, die über alle Hektik und alles Schaffen und Machen, aber auch über alles Leiden und Sterben in unserer Stadt hinausweist.

Diese Hoffnung des christlichen Glaubens kommt von Ostern her: Jesus lebt, und auch uns ist von ihm Leben in Ewigkeit verheißen. Der Glaube daran setzt ungeahnte Kräfte des Helfens, der Ermutigung und des Tröstens frei. Worte der Dichter und Werke der Komponisten können dabei wichtige Anregungen geben, der biblischen Botschaft zu trauen.