Nach neuen Umfragen könnte es nach der Bundestagswahl 2013 wieder eine Große Koalition geben - aber wäre das gut für Deutschland?

Saarländische Verhältnisse auch im Bund - das sagen jetzt viele Kommentatoren und Politik-Analysten für 2013 voraus, gestützt durch die aktuellen Meinungsumfragen. Also: Linkspartei und Piraten im Bundestag, FDP draußen, CDU/CSU stärkste Kraft. Rot-Grün ohne Mehrheit, weil Piraten und Linke nicht mitregieren wollen oder können. Dann bliebe Angela Merkel Kanzlerin - wahrscheinlich als Chefin einer Großen Koalition. Eine solche Regierungsbildung scheint, um ein früheres Lieblingswort von ihr zu benutzen, "alternativlos" zu sein. Nach Einschätzung mancher Beobachter arbeitet die Kanzlerin schon heute darauf hin.

Merkel und die SPD, von 2005 bis 2009 war das eine Erfolgsgeschichte. Die Kanzlerin betrieb gestützt durch Steinmeier, Steinbrück, Scholz weitgehend sozialdemokratische Politik. Deutschland wurde klug durch die Finanzkrise gesteuert. Viele Wähler waren schockiert, als diese Wohlfühl-Koalition 2009 durch Schwarz-Gelb abgelöst wurde, durch Zank und Hader, wie sich herausstellte. Aber Merkel rückte bald von der FDP ab und wandte sich in ihren politischen Kernzielen wieder der SPD zu: keine Steuersenkungen, Energiewende, ja selbst den Mindestlohn nahm sie ins CDU-Programm auf. Bei der Euro-Rettung stützt sich die Kanzlerin ohnehin auf eine gemeinsame Mehrheit mit SPD und Grünen. Wenn sie den europäischen Fiskalpakt im Bundestag durchbringen will, braucht sie zwei Drittel der Stimmen, also stehen demnächst quasi Koalitionsverhandlungen mit der SPD zu diesem Thema an.

Und nach der Wahl 2013 dann wieder ganz offiziell Union und SPD gemeinsam auf der Regierungsbank? Merkel, die ewige SPD-Kanzlerin? Viele Bürger hätten nichts dagegen. Sie mögen die Kompromisse in der politischen Mitte. Doch der deutschen Demokratie täte eine Große Koalition als Dauereinrichtung nicht gut. Sie ist zu sehr auf Konsens ausgerichtet, sie vermeidet den grundsätzlichen Streit, ihr fehlt die starke Opposition, sie verwäscht das Profil der beiden großen Parteien. Die Politik würde auf Dauer schwunglos, langweilig, die Wahlbeteiligung würde sinken, Protestparteien hätten Zulauf.

Deutschland braucht vor der nächsten Bundestagswahl politische Alternativen, das Zusammengehen der beiden Großen muss eine Notlösung bleiben, kein Ziel. Das heißt auf der linken Seite des politischen Spektrums: SPD und Grüne müssen in die Puschen kommen. Also Schluss mit den kleinkarierten internen Personaldiskussionen. SPD und Grüne müssen um die "linke" Macht kämpfen, sie müssen vor allem versuchen, Wähler der Linken und Piraten vom rot-grünen Projekt zu überzeugen.

Auf der rechten politischen Waagschale, das wird bei solchen Überlegungen über machtpolitische Alternativen wieder einmal klar, fehlt einfach eine intakte FDP. Eine neue Partei, etwa die 2013 bundesweit antretenden Freien Wähler, wird die Rolle der Liberalen noch nicht übernehmen können. Also muss die FDP sich doch wieder aufrappeln. Dabei darf sie auf Spekulationen über eine mögliche Koalition mit Rot-Grün, also die "Ampel", nicht hereinfallen. Die FDP wird nicht als fünfte "linke" Partei gebraucht, dafür wird sie nicht gewählt.

Deshalb half es ihr in den Umfragen auch nicht, dass sie gegenüber der Union Gauck als Bundespräsidenten durchsetzte. Als FDP-Chef Rösler sich danach öffentlich damit brüstete, wie er Angela Merkel überrumpelt hatte, war das wie eine Ohrfeige für seine Stammwähler. Die wollen nämlich keinen Bruch im bürgerlichen Lager.

Wie wichtig gegenüber dem großkoalitionären Mainstream eine abweichende, unangenehme Meinung sein kann, hat sich im Streit um die Schlecker-Auffanggesellschaft gezeigt. Der bereitwilligen Vergabe von Steuergeldern im Wirtschaftsleben einmal entgegenzutreten, dafür wird die FDP gebraucht.

Auch wenn diese Haltung angesichts von Milliarden für europäische Schuldnerländer und 200 000 Euro "Ehrensold" für einen 52-jährigen Ex-Bundespräsidenten nicht leicht zu begründen ist. Dass Merkel bei Schlecker der FDP beigesprungen ist, könnte ein Hinweis darauf sein, dass ihre Gedanken doch noch nicht völlig von einer neuen Großen Koalition ausgefüllt sind.