Ein Kommentar von Björn Jensen

Es war ein vernichtendes Urteil, das Clemens Tönnies, Aufsichtsratschef beim Fußball-Bundesligisten Schalke 04, über Kevin Großkreutz fällte. Ein "Hassprediger" sei der Nationalstürmer in Diensten des deutschen Meisters Borussia Dortmund, weil er die historisch gewachsene Rivalität zwischen den beiden Revierklubs ständig verbal anheize.

Bill Shankly hat im Oktober 1981 einen wichtigen Satz gesagt. "Manche denken, im Fußball gehe es um Leben und Tod. Ich mag diese Einstellung nicht. Es ist viel ernster", so wurde die Trainerlegende des FC Liverpool zitiert. Es gibt auch in Deutschland viele Fans, die so denken, für die ihr Verein das wichtigste Gut ist. Man kann das lächerlich finden oder erschreckend, aber der Fakt ist nicht zu leugnen.

Einer dieser Menschen ist Kevin Großkreutz. Er ist seit seiner Kindheit BVB-Anhänger, stand als Jugendlicher mitten im Fanblock - bei Heim- und Auswärtsspielen. Dass er nun das unglaubliche Glück hat, für den Klub seines Herzens Tore schießen zu dürfen, ändert nicht seine Einstellung gegenüber dem Verein, dessen Namen er nicht in den Mund nimmt, weil er es so gelernt hat. Und das ist gut so.

Wir wünschen uns Sportler als Vorbilder. Aber ist jemand eher ein solches, wenn er seine Überzeugungen verleugnet, anstatt für sie geradezustehen? Angepasste Aussagen bekommen wir zu häufig zu hören. Solange Großkreutz nicht zu Gewalt aufruft, ist er zwar kein Vorbild, aber auch kein Hassprediger, sondern ein Mensch, der sich traut, im Schauspiel Profifußball noch ehrliche Gefühle zu zeigen. Das mag einigen unangenehm sein, verwerflich ist es nicht.