Statt sie in der Behördenleitung einzusetzen, sollten sie ihre ursprüngliche Aufgabe als unabhängige Berater des Senats zurückerhalten

Wie geht Hamburg mit seinen Staatsräten um? Bürgermeister, Senat und politische Parteien sollten sich endlich wieder der Qualität eines lebenslang berufenen, auf Unabhängigkeit bedachten Beraters des Senats bewusst werden und bedenken, dass die Staatsräte nicht Berater eines Senators, sondern nach geltendem Verfassungsrecht grundsätzlich Berater des Gesamtsenats sind. Unter den jetzigen politischen Verhältnissen besteht jedenfalls die Gefahr fort, dass der Staatsrat Rücksicht auf "seinen" Senator nimmt. Hier ist der Bürgermeister als Dirigent gefragt. Denn der Kern der Veränderung bestand und besteht in der Öffnung der Staatsratsämter als (partei-) politische Karrierestufe. Das war einmal der Zug der Zeit, aber er war falsch.

Das Amt der Staatsräte geht zurück auf den Artikel 47 der Verfassung der Freien und Hansestadt Hamburg vom 6. Juni 1952. Er bestimmt, dass der Senat zur Beratung und Bearbeitung seiner Angelegenheiten beamtete Senatssyndizi ernennen kann. Voraussetzung: Sie haben die Befähigung zum höheren Verwaltungsdienst. Diese Verfassungsbestimmung hat Bürgermeister Olaf Scholz sicherlich bei Ernennung der jetzt tätigen 15 Staatsräte berücksichtigt und wohl auch den alten Brauch der gemeinsamen Beratung mit ihnen wieder aufgenommen.

Das war nicht immer so, denn 1978 wurde der beamtenrechtliche Status der Staatsräte dahin geändert, dass der Senat sie jederzeit ohne Begründung in den einstweiligen Ruhestand versetzen kann, was einer Entlassung gleichkommt. Diese gravierende Änderung der Stellung der lebenslang - also bis zur Pensionierung - berufenen, auf Unabhängigkeit und Sachgerechtigkeit bedachten Beamten, machte sie mehr oder weniger zu "politischen Beamten". Das entsprach dem Willen des damaligen Bürgermeisters Ulrich Klose und seines Senats. Von nun an sah das Beamtengesetz eine Ruhestandsregelung ausdrücklich vor. Andere Hamburger Politiker, etwa Altbürgermeister Peter Schulz, hatten rechtzeitig auf Bedenken dieser Änderung hingewiesen, insbesondere auf die Gefahr, dass die Senatssyndizi/Staatsräte ihre Aufgaben der Beratung des Senats und die Bearbeitung der Angelegenheiten nicht mehr unabhängig wahrnehmen könnten.

Während es ihnen bisher freistand, bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben zu anderen Auffassungen und Entscheidungen zu gelangen als die jeweils für dasselbe Gebiet zuständigen Mitglieder des Senats und aus eigener Initiative tätig werden zu können, galt nun auch Rücksichtnahme gegenüber der Partei.

Die Folgen dieser Änderung des beamtenrechtlichen Status der Senatssyndizi werden etwa im Kommentar von Dr. Klaus David zur Verfassung der Freien und Hansestadt Hamburg vorsichtig und hanseatisch zurückhaltend so formuliert: "Ob die Statusänderung allerdings die unabhängige Beratung und Bearbeitung berührt oder gar einschränkt, ist eine Frage, die anhand rein rechtlicher Maßstäbe nicht beantwortet werden kann." Sehr viel deutlicher hat es ein bekannter Hamburger Politiker ausgedrückt: "Damit begann der Abstieg ins Mittelmaß."

Verfolgt man die Entwicklung seit 1978 unter Anlegung der Maßstäbe, von denen ursprünglich der Artikel 47 ausging, muss man wohl bis heute von einer gravierenden Aushöhlung dieser Bestimmung sprechen. Das gilt nicht zuletzt für den Grundsatz, dass nicht das Parteibuch, sondern die Leistung entscheiden soll. Der Ruf nach absoluter Unabhängigkeit der hamburgischen Staatsräte steht mehr denn je im Raum, das Bemühen um Objektivität darf nicht weiter ins Hintertreffen geraten.

Peter Schulz sprach kürzlich von der "Herunterentwicklung des Staatsratskollegiums". Er hofft mit anderen darauf, dass die zutage getretenen Grundfehler wieder korrigiert werden.

Die ursprünglich herausragende Bedeutung der Senatssyndizi als Berater des Senats hat sich seit längerer Zeit zugunsten ihrer Tätigkeit in der Behördenleitung verschoben. Das sollte der Bürgermeister ändern. Was einmal Führungsinstrument des Senats war, hat nachhaltig an Gewicht verloren und man vermisst heute ähnlich in der Verwaltung erfahrene Staatsräte wie früher beispielsweise Dr. Harder, Dr. Drexelius, Dr. Mestern, um nur einige zu nennen. Bei ihnen spielte Parteipolitik so gut wie keine Rolle.

Dr. Peter Breiholdt ist Rechtsanwalt in Hamburg und Honorarkonsul von Nepal