Ein Nachruf von Karolin Jacquemain

Intellektuelle machen im Fernsehen oft eine komische Figur. Wie Nachteulen, die man hinausgescheucht hat ins grelle Sonnenlicht. Sie sind unbeholfen, wissen nicht so recht wohin mit ihren Bandwurmsätzen und der vor Denkanstrengung krausen Stirn. Eine Oase für diesen Menschenschlag boten der Philosoph Peter Sloterdijk und der Schriftsteller Rüdiger Safranski sechsmal im Jahr - immer sonntags zu mitternächtlicher Stunde - in ihrem "Philosophischen Quartett" im ZDF. Eine Anti-Talkshow. Mehr Hörspiel als Fernsehen. Ohne Kamerafahrten und Krawall, dafür mit jeder Menge kluger, meist nicht mehr ganz junger Gäste, die am liebsten über sich selbst sprachen, und das in Monologen nicht unter achteinhalb Minuten. Allerdings ausgesucht höflich.

Nun wird das "Philosophische Quartett" eingestellt. Mit ihm stirbt der letzte Anachronismus der deutschen Fernsehunterhaltung. Am 13. Mai wird die letzte Ausgabe ausgestrahlt, die sinnigerweise den Titel trägt: "Die Kunst des Aufhörens". Dafür schickt das ZDF den Event-Philosophen Richard David Precht auf den Bildschirm, Anführer der internationalen Medientheoretiker-Hitparade. Precht traut man ohne Weiteres zu, dass er "Wetten dass ..?" moderieren könnte. Gäbe es ihn nicht - das Fernsehen müsste sich einen wie ihn backen. Sloterdijk, Safranski und ihre beigefarbenen Ledersofas hingegen sprengen jede Backform.