Die neue Mobilitätsidee ist auf Erfolgskurs. Die Smarts des Hamburger Autovermieters Europcar gibt es jetzt auch in Washington.

Hamburg. Nach der Hansestadt nun Portland: Der Hamburger Autovermieter Europcar und sein Joint-Venture-Partner Smart expandieren im amerikanischen Autovermietmarkt. Nachdem die weiß-blauen Smart der gemeinsamen Firma Car2go in Europa mit Hamburg, Ulm, Berlin und Düsseldorf sowie in Lyon, Amsterdam und Wien auf den Straßen rollen, blickt das Unternehmen nun verstärkt in Richtung USA. Am 31. März startet Car2go in Portland, der größten Stadt des US-Bundesstaats Oregon. Zuvor wurden bereits Austin, San Diego, seit dem Wochenende Washington und das kanadische Vancouver mit Filialen bestückt. Weitere Städte, in Europa und den USA, werden laut Car2go-Sprecher Andreas Leo folgen.

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Das Konzept unterscheidet sich extrem von den üblichen Autovermietern. Car2go bietet nur zweisitzige Smart an. Abgerechnet wird nicht tage-, sondern minutenweise. 29 Cent kostet die Minute in Hamburg, wobei der Höchstpreis bei 12,90 Euro pro Stunde liegt. Zudem gibt es keine Stationen, wo die Autos abgeholt oder hingebracht werden. Sie stehen überall in der Stadt herum und lassen sich per Handy orten. Allerdings müssen sich die Benutzer vorher registrieren lassen. Mit einem kleinem Chip, der auf ihrem Führerschein angebracht wird, lässt dich das Fahrzeug dann per Geheimnummer öffnen.

+++Hamburger Konzept Car2Go bald europaweit+++

Gerade Großstädte eignen sich für die minutenweise Abrechnung. Denn, um etwa vom Rathausmarkt nach Eimsbüttel zu kommen, wird sich wohl kein Verbraucher einen ganztägigen Mietwagen nehmen. Car2go bietet eine Alternative. Für die Autohersteller ist dieser Trend besorgniserregend. Denn wegen neuen Mobilitätsangeboten verzichten gerade in Großstädten inzwischen viele auf einen eigenen Wagen.

Doch das ist für die Branche noch das kleinste Problem. Viel schwerer wiegt, dass der eigene Wagen als Statussymbol ausgedient hat, wie eine Studie des Instituts Progenium herausgefunden hat. Demnach definieren nur noch 17 Prozent der Bundesbürger ihr Image über ihren Wagen. Zum Statussymbol gerade für die jungen potenziellen Autokäufer werden hingegen Hightech-Geräte wie ein Smartphone oder iPad.

"Für Menschen unter 30 hat ein iPhone einen viel höheren Coolness-Faktor als ein Auto", sagt auch Ferdinand Dudenhöffer vom CAR-Center Automotive Research der Universität Duisburg-Essen. Hinzu kommt der steigende Kostendruck durch höhere Benzin- und Autopreise. "Die persönliche Mobilität steht weltweit vor einem Umbruch", heißt es in einer Studie der Unternehmensberatung Oliver Wyman und der ESB Business School Reutlingen. Befragt wurden 3000 Menschen in Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Singapur. Viele Kunden bevorzugen demnach zwar weiterhin das eigene Auto, sind aber auch bereit, bei steigenden Benzinpreisen ihr Mobilitätsverhalten deutlich zu verändern.

Nicht nur die Smart-Mutter Daimler hat die Trendwende längst erkannt, sondern nahezu jeder Hersteller feilt an Konzepten gegen eine drohende Absatzkrise, weil immer mehr Bürger den Autokauf verweigern. BMW hat sich den Autovermieter Sixt ins Boot geholt. In Berlin, München und Düsseldorf vermietet die gemeinsame Tochter DriveNow Fahrzeuge wie den 1er BMW oder den Mini wie auch Car2go im Minutentakt. Die Kosten und das Konzept sind vergleichbar. "In großen Städten gibt es einen Bedarf an flexiblen Mobilitätsmodellen", sagte BMW-Sprecher Frank Wienstroth dem Abendblatt. "Natürlich freuen wir uns, wenn es gelingt, damit Kunden an unsere Modelle heranzuführen."

BMW und Sixt betreten jetzt weiteres Neuland. Über ihre Carsharing-Tochter steigen sie ins Geschäft mit Mitfahrgelegenheiten ein. Das gemeinsam betriebene Unternehmen DriveNow kooperiert künftig mit der Mitfahrzentrale Flinc. Ab 2. April können Nutzer der DriveNow-Fahrzeuge Flinc-Mitgliedern online Mitfahrgelegenheiten anbieten. Umgekehrt werden Mitfahrgesuche automatisch in die Autos übertragen. Wer das Angebot nutzen will, muss bei beiden Unternehmen registriert sein.

Auch Europas größter Hersteller VW reagiert auf die sich verändernden Mobilitätsanforderungen. Im November startete VW mit Quicar ein Pilotprojekt in Hannover. 200 Golf Blue Motion werden zum Minutenpreis angeboten. "Mit diesem Angebot reagieren wir darauf, dass vor allem in großen Städten vermehrt Menschen leben, die kein Auto haben", sagte Quicar-Sprecher Eric Felder dem Abendblatt. Anders als bei Car2go muss der Wagen bei VW an einer der bereits 50 Verleihstationen abgeholt und wieder hingebracht werden. Die Mindestmietdauer liegt bei 30 Minuten, dafür werden sechs Euro berechnet. Jede weitere Minute kostet 20 Cent. Benzinkosten und Versicherungen sind im Preis inbegriffen.

Ähnlich funktioniert das Modell Mu von Peugeot. Man meldet sich im Internet an, bekommt ein Konto, das man nach dem Prinzip der Prepaid-Handy-Tarife immer wieder aufladen kann. Die Franzosen bieten unter Mu nahezu ihre gesamte Produktpalette an, bis hin zu Elektrofahrrädern und Transportern. Allerdings gelten, anders als bei VW oder Car2go, Tagesmieten. Das günstigste Angebot liegt bei 45 Euro. In Hamburg befindet sich die Mu-Station am Nedderfeld.