Am Deutschen Elektronen-Synchrotron in Bahrenfeld ergründen Physiker mit ultrakurzen Röntgenstrahlen die Welt der kleinsten Teilchen.

Die Spitzenforschung kommt unscheinbar daher. Graue Bauten, die an Lagerhallen erinnern, verteilt über eine Fläche von 100 Fußballfeldern - kein Glanz, nur Zweck. Man gibt nicht viel auf Äußerlichkeiten am Deutschen Elektronen-Synchrotron (Desy). Und doch geht von der Einrichtung in Bahrenfeld eine besondere Faszination aus. Tausende Hamburger strömten bei der Nacht des Wissens im vergangenen Oktober über das weitläufige Gelände und durch hell erleuchtete Labors, getrieben von der Lust an der Entdeckung. Denn hinter den schmucklosen Fassaden verbirgt sich eine verblüffende Welt aus Kabeln und Computern, Tunneln und Röhren, Kunststoff und Stahl. Es ist, als betrete man einen riesigen Experimentierkasten.

+++Blumenstillleben: Verborgener van Gogh entdeckt+++

Etwa 2000 Mitarbeiter hat das Desy, die meisten sind Physiker. Hinzu kommen jährlich 3000 Gastforscher aus mehr als 40 Nationen. 1959 als Zentrum für Teilchenphysik gegründet und weltweit bekannt geworden durch Experimente mit Ringbeschleunigern wie Desy, Doris und Hera, hat sich der Schwerpunkt der Einrichtung mittlerweile verlagert; zunehmend tritt die Forschung mit Lichtteilchen (Photonen) in den Vordergrund. Für die Zukunft stehen Anlagen wie der 2005 gestartete Freie-Elektronen-Laser Flash und der European XFEL, der bis 2014 fertig werden soll. Mithilfe dieser Maschinen wollen die Forscher in die kleinsten Teile lebender Zellen blicken und so den Traum vom "Molekül-Kino" wahr machen. In diesem Nanokosmos laufen Bewegungen, etwa die Faltung von Eiweißmolekülen, extrem schnell ab. Um einen Blick auf sie zu erhaschen, sie quasi zu "filmen", sind ultrakurze Lichtpulse nötig. Flash erzeugt Röntgenblitze mit einer Wellenlänge von vier Millionstel Millimetern. Dabei dauern die Röntgenblitze nur Millionstel von Milliardstel Sekunden.

Die Funktion von Flash ist im Detail hochkomplex, stark vereinfacht läuft es so: Auf einer geraden, 200 Meter langen Strecke werden Elektronen beschleunigt und am Ende des Tunnels auf einen Slalomkurs gebracht, sodass ultraviolettes und Röntgenlicht entstehen. Dann beginnt das eigentliche Experiment: Mit einer anderen Lichtquelle regen die Forscher im Untersuchungsobjekt in einer Vakuumkammer Elektronen an und erzeugen so instabile Zustände. Wie dieser Zustand wieder ins Gleichgewicht kommt, beobachten sie mit dem Licht von Flash.

Die Foto-Reportage ist ein regelmäßiger Bestandteil der Thema-Seite. An jedem zweiten Montag erscheint eine Reportage in Bildern.