Bis 2020 müssen 3600 Kilometer Höchstspannungsleitungen verlegt werden. Der Staat sollte die Rahmenbedingungen vereinfachen.

Die deutsche Energiewende ist eines der wichtigsten gesellschaftlichen Ziele für die kommenden Jahrzehnte. Damit sie nachhaltig Erfolg haben kann, müssen erst noch Hürden genommen werden. Dazu zählen verschiedene technische Herausforderungen, aber auch Schwierigkeiten bei der Planung und den notwendigen Verfahren. Außerdem sind erhebliche Investitionen notwendig, um die Stromnetze schneller als geplant auszubauen.

Doch der Reihe nach: Zuerst einmal müssen die Offshore-Windparks in der Nordsee fristgerecht und verlässlich angebunden werden. Hier behindern technische Unwägbarkeiten aufgrund der wenig erprobten Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragung (HGÜ) ein Vorankommen. Zudem ist die Übertragung über die Distanzen und durch das tiefe Wasser schwierig. Schließlich muss die erzeugte Strommenge der Offshore-Windparks sowie der bestehenden Onshore-Windparks im Norden effizient in den Süden der Republik transportiert werden. Die ursprünglichen Zeitpläne hierfür sind leider längst Makulatur. Die vollständige Anbindung der Offshore-Windparks verzögert sich um mehr als zwölf Monate, und für die wichtigen Nord-Süd-Trassen gibt es noch kein Planfeststellungsverfahren.

Gerade in Norddeutschland ist der Netzausbau dringend nötig. Hier werden rund 500 Kilometer Höchstspannungsnetz benötigt, um den Strom zum Verbraucher zu bringen. Eine erste Trasse von Brunsbüttel über Heide nach Niebüll ist in Planung und könnte im Rahmen einer Fondsfinanzierung umgesetzt werden. Sollten die Pläne noch in diesem Jahr in den Bundesnetzplan aufgenommen werden, könnte bereits 2015 mit dem Bau begonnen werden - einen positiven Verlauf des Genehmigungsverfahrens vorausgesetzt.

Die HSH Nordbank ist einer der führenden Finanziers von Wind- und Solarprojekten in Europa und bereits seit mehr als 20 Jahren in dem Bereich Erneuerbare Energien tätig. Als ein Pionier auf diesem Markt ist sie Partner für die Begleitung in der Finanzierung neuer und modernisierter Stromtrassen - etwa durch die Kombination mit einer Fondsfinanzierung. Die Finanzierung unter Zuhilfenahme eines Fonds ist eine gute Möglichkeit, um vor allem Kapitalengpässen im Rahmen des Netzausbaus zu begegnen.

Die Deutsche Energie Agentur (dena) hat errechnet, dass bis 2020 bundesweit rund 3600 Kilometer neue Höchstspannungsleitungen gebaut werden müssten, um die Strommengen von den Offshore-Windparks in die Ballungsräume und die großen Industriestandorte im Süden und Westen der Bundesrepublik zu transportieren. Ob der Strom dabei über hohe Masten oder per Erdkabel geführt wird, ist auch eine Frage der Kosten. Sicher ist, dass die Erdvariante in der Bevölkerung auf höhere Zustimmung trifft. Allerdings sind Bau und Wartung der unterirdischen Kabel teurer, die Leitungskapazität ist geringer.

Prämissen zum Gelingen der Energiewende sind der fristgerechte Anschluss der Offshore-Windparks und ein rasanter Netzausbau. Allerdings müsste die Politik aus Sicht der Banken noch Hausaufgaben erledigen, um die Risiken auch für die Finanzierung zu minimieren. Während es für die Netzbetreiber an Land erprobte Instrumente zur Risikosteuerung gibt, ist dieses Thema bei der Anbindung der Offshore-Windparks offen. Hier müsste das Haftungsrisiko insgesamt für den Netzbetreiber begrenzt werden, die Bundesregierung könnte als Unterstützer das Einnahmeausfall- und Haftungsrisiko übernehmen.

Derzeit haften nämlich die Kabelbetreiber unbegrenzt für entgangenen Gewinn und Erhaltungsaufwand. Momentan trägt keine Versicherung diese Risiken, sodass für die Betreiber schnell Kosten in Millionenhöhe entstehen können. Geklärt werden müsste auch, wer die Einnahmeausfälle für einen Offshore-Windpark trägt. Denkbar ist, den Zeitraum für den Einspeisetarif um die Dauer eines möglichen Ausfalls zu verlängern, unabhängig vom Verschulden.

Die Rahmenbedingungen und Verfahren für den Netzausbau sollten vereinfacht werden, sodass für alle Beteiligten Planungssicherheit besteht. Wenn hier eine Erhöhung des Tempos gelingt, dann steht dem Erfolg der Energiewende nichts mehr im Weg.

Patrick Miljes, 40, ist Leiter Energie und Infrastruktur der HSH Nordbank