Eine Glosse von Holger True

15 Minuten Ruhm hatte Andy Warhol einst jedem versprochen, aber selbst die Pöbel-Talkshows und Casting-Dauerläufer der Privaten reichen nicht aus, um wirklich jedem, der darauf brennt, einen Kurzauftritt im medialen Rampenlicht zu verschaffen. Ich zum Beispiel war noch nie irgendwo. Bis jetzt, denn am Ende des Tages geht es einfach nur darum, beherzt in die Lücken zu stoßen, die sich auftun. Etwa auf der Teletext-Seite von Sat.1. Hier ist ein bisschen Ruhm nämlich so feierabendbequem wie preisgünstig abzugreifen - dank täglich wechselnder TED-Umfragen. Zahlen wir zu viele Steuern? Gibt Bayern das Titelrennen verfrüht auf? Macht Gauck Politik glaubwürdig? Jeder darf antworten - für schlanke 25 Cent pro Anruf aus dem Festnetz.

Doch um bleibenden Eindruck zu hinterlassen, ist ein wenig Cleverness gefragt. Zwar werden die eingehenden Anrufe live und für die Zuschauer sichtbar gezählt, doch wer will schon einer von Tausenden ein? Und nach geschätzten 15 Sekunden in der Anonymität der Masse verschwinden? Viel bessere Variante: die Nummer der Antwortoption "weiß nicht" wählen. Zugegeben: Dass jemand Geld ausgibt, um kundzutun, dass er zu einem Thema nichts zu sagen hat, mag seltsam erscheinen - macht aber unbedingt Sinn. Gerade mal ein einziger Anruf war hier nämlich in Sachen bayerische Titelchancen gezählt - bis ich anrief und auf zwei erhöhte. Nicht nur hatte ich das Umspringen des Zählers live erlebt, ich konnte auch 15 Stunden später noch davon zehren: Nach durchschlafener Nacht waren wir Weißnichtse immer noch zu zweit. Also gewissermaßen im Rampenlicht. Da kann Warhol mit seinen schlappen 15 Minuten aber locker einpacken.