Ein Fragenkatalog von Kai-Hinrich Renner

Wenn ein gestandenes Zeitschriftenhaus wie Gruner + Jahr noch diesen April einen "Stern" für ältere Herrschaften unter dem Namen "Viva" an den Kiosk bringen will, wirft das zwei Fragen auf: Wissen die Verlagsmanager am Baumwall eigentlich nicht, was ein schlechtes Omen ist? Und altert unsere Gesellschaft noch viel schneller, als wir alle glauben?

Zunächst zu Frage eins: Gruner + Jahr hat unter dem Titel "Viva" bereits diverse Magazine auf den Markt geworfen, deren Erfolg, nun ja, eher begrenzt war: 1988 erschien das Frauenmagazin "Viva", das sich an Leserinnen zwischen 18 und 40 richtete. Anfang der 90er-Jahre segnete das Blatt das Zeitliche. Mitte der 90er-Jahre entwickelte dann Markus Peichl - genau, das ist der Herr, der gerade versucht, den ARD-Vorabend-Talk "Gottschalk Live" zu retten - für Gruner + Jahr ein Jugendmagazin namens "Viva". Das Projekt wurde 1997 beendet. Der Titel kam nie an den Kiosk.

Das Licht der Welt erblickte dagegen 1998 das Kochmagazin "Viva", wenn zunächst auch nur als Beilage der "Brigitte". 2005 dann, die "Brigitte"-Beilage war inzwischen Geschichte, taufte Gruner + Jahr das Kochblatt "Schöner Essen" in "Viva" um. 2008 blieb die Küche endgültig kalt: Auch dieses Kochmagazin wurde eingestellt. Warum G+J es nun abermals mit "Viva" versucht, obwohl der Titel das Unglück anzieht wie das Licht die Motten, ist ein Verlagsgeheimnis.

Bekannter als alle Magazine dieses Namens ist aber der Musik-TV-Sender Viva, der seine Hochzeit von 1993 bis 2003 hatte. Sollte dessen jugendliche Zielgruppe so schnell vergreist sein, dass sie nun bereits ein Fall für die Zeitschrift "Viva" ist, die der "Spiegel" "Grauer Stern" nennt?