Ex-Bischöfin zieht eine persönliche Bilanz ihrer 18-jährigen Amtszeit

Hamburg/Düsseldorf. Nach Auffassung der Hamburger Altbischöfin Maria Jepsen haben die meisten evangelischen Pfarrer heutzutage zu viel Arbeit mit den Kirchenstrukturen. Dadurch bleibe ihnen viel zu wenig Zeit und Kraft für seelsorgerliche Tätigkeiten und zum intensiveren Studium der Bibel, sagte die 67-jährige Theologin bei einer Veranstaltung in der Evangelischen Stadtakademie Düsseldorf. Für die Qualität der Predigten sei die intensive Beschäftigung mit der Bibel unerlässlich. Jepsen, die 1992 zur weltweit ersten lutherischen Bischöfin gewählt worden war, zog eine persönliche Bilanz ihrer 18-jährigen Amtszeit an der Spitze der Nordelbischen Evangelisch-Lutherischen Kirche.

Als sie 1972 zur Pastorin ordiniert worden sei, habe sie es sich "nicht vorstellen können, dass es mal Bischöfinnen, Superintendentinnen oder Präsides in der Evangelischen Kirche in Deutschland geben würde", sagte Jepsen, die sich nach wie vor als eine feministische Theologin bezeichnet. Nach ihrer Bischöfinnenwahl im August 1992 hätten manche Zeitungen von einer "Katastrophe für die Kirche" geschrieben, sagte Jepsen. Dennoch habe sie trotz aller Vorurteile schnell Anerkennung gefunden. Auch das Vorurteil, eine Bischöfin werde sich als Hindernis für die Ökumene erweisen, habe sie schnell widerlegen können.

Jepsen war am 16. Juli 2010 nach Vorwürfen zurückgetreten, sie sei bereits 1999 über sexuelle Übergriffe eines Pastors aus Ahrensburg an Minderjährigen informiert worden und habe nichts dagegen unternommen. "Der Rücktritt war richtig, aber bitter. Geholfen hat mir in der ganzen Zeit danach die Bibel."