Eine Glosse von Alexander Josefowicz

Ob die blaue Stunde nun abends oder doch kurz vor Sonnenaufgang am schönsten ist, könnten die Redakteure der "Schwäbischen Zeitung" schon bald an ein und demselben Arbeitstag herausfinden.

Nicht aber, wie man vielleicht vermuten könnte, weil sie sich nach durchzechter Nacht auf dem Weg nach Hause verlaufen haben. Sondern, um als freiwillige Zeitungsjungen das von ihnen verfasste Produkt auch gleich dem Abonnenten vor die Haustür zu bringen. Anscheinend gibt es einen Engpass bei den Zustellern. Also sind die schwäbischen Kollegen laut Fachzeitschrift "Journalist" per Rundmail aufgerufen worden, "auf freiwilliger Basis und zeitlich befristet im Notfall als Zusteller einzuspringen". Die Mitarbeiter sollten für Probleme außerhalb des eigenen Arbeitsbereichs sensibilisiert werden, begründet Chefredakteur Hendrik Groth den Aufruf zur fröhlichen Doppelschicht.

Vielleicht macht das Modell der Rundumbetreuung durch hoch qualifiziertes Fachpersonal ja Schule: Dann steht künftig morgens nicht nur der Journalist vor der Tür. Der Oberstudienrat holt den Nachwuchs leer von zu Hause ab und bringt ihn mit Wissen gefüllt am Nachmittag wieder zurück, der Chefarzt operiert Oma nicht nur an der Hüfte, er übernimmt auch die Pflege daheim. Derweil streiten sich Microsoft-Übervater Bill Gates und Apple-Chef Tim Cook im Vorgarten darum, wer den neuen Heimcomputer einrichten darf.