"Und wenn sie auch alt werden, werden sie dennoch blühen, fruchtbar und frisch sein." (Psalm 92,15)

Zu kaum einer Zeit ist diese biblische Verheißung so greifbar gewesen wie heute: Das Alter ist für viele eine blühende, fruchtbare und frische Lebenszeit. Längst hat der Markt die "jungen Alten" entdeckt. Jene Zielgruppe also, die zahlungskräftig ihre Berufstätigkeit zu einem Zeitpunkt aufgibt, an dem sie noch einmal richtig etwas anfangen will. Deutlich anders als die 65-Jährigen vor 40 Jahren, investieren sie heute in sich selbst, sind modisch gestylt, durch Reisen gebildet, durch Sport körperlich fit und so ein interessanter Wirtschaftsfaktor. Für mich hingegen zählt etwas anderes: Ohne die jungen Alten gäbe es keine ehrenamtliche Hospizbewegung, keinen Mitternachtsbus, keine Kirchenvorstände, keine Lesehilfe für Migrantenkinder und keinen Sportverein. Ihre Erfahrung, ihre Lebensfreude und ja, auch ihre Sinnsuche sind elementar für das soziale Gesicht unseres Landes.

Ein Gesicht, das selbstbewusst Falten trägt und von grauem Haar umgeben ist. Es ist Ausdruck einer demografischen Entwicklung, die uns seit Jahrzehnten bekannt ist und dennoch immer wieder überrascht: Die Zahl der rüstigen, aktiven Alten macht inzwischen fast ein Drittel der Gesamtbevölkerung aus; eine Herausforderung für die Zukunft, ist ja bereits jetzt von einem Pflegenotstand die Rede.

"Ich will dich tragen bis ins Alter" - die biblische Zusage Gottes gewinnt ungeahnt Aktualität. Sie drängt darauf, die Generationen nachhaltiger zu verbinden und Solidarität zu fördern. Generationsübergreifende Wohngemeinschaften sind im vergangenen Jahrzehnt nahezu von selbst entstanden. Dabei leben Alt und Jung nicht nur nebeneinander, sondern beginnen sich auch kennenzulernen, zu verbinden und zu nützen. Das führt auch zu Schwierigkeiten. Wir haben in Diakonie und Kirche gemerkt, dass es neue Kommunikationsformen braucht, die das Gespräch der Generationen gezielt aufbauen. Erzählcafés etwa, in denen Senioren den Konfirmanden aus ihrem Leben erzählen, gemeinsames Kochen mit Kindern in evangelischen Kitas oder Hilfsangebote wie die Initiative "Wellcome", die "ehrenamtliche" Großeltern an junge Familien vermittelt, denen das Neugeborene gerade das Haus auf den Kopf stellt.

So kann auf vielfältige Weise die biblische Einsicht Wirklichkeit werden, dass das Alter nicht nur Einschränkung und das Kind-Sein nicht nur Entwicklung bedeutet; der Dialog der Generationen zielt geradezu darauf, bei den einen das Kind und dem anderen die Weisheit zu entdecken. Dann können Alt und Jung "blühen, fruchtbar und frisch sein."

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