Weniger Außenplätze im Bezirk Mitte wegen neuer Regelung. Wirte sind wütend

St. Georg. Der Bezirk Mitte hat sich für die Außengastronomie eine neue Regelung einfallen lassen. Die Gastronomen dürfen von dieser Sommersaison an ihre Terrassen nur noch vor ihrem eigenen Gebäude und nicht mehr vor Nachbargebäuden einrichten. Der Bezirk wolle so der ausufernden Nutzung von öffentlichen Wegeflächen entgegenwirken, bestätigte Sprecher Lars Schmidt-von Koss dem Abendblatt. Es habe auch zahlreiche Beschwerden von Geschäftsleuten gegeben, die keine Gastronomen sind und deren Schaufenster verdeckt werden.

Die neue Regelung sorgt vor allem in der Langen Reihe für Proteste der Gastronomen. Denn auf der Flaniermeile werden häufig die Außenflächen von Nachbargeschäften mit genutzt. "Wenn der Bezirk an dieser neuen Vorschrift festhält, kann ich mir das wichtige Sommergeschäft wohl abschminken und muss meine zwölf Mitarbeiter zumindest für geraume Zeit nach Hause schicken", sagte Axel Strehlitz, der seit 2009 das Restaurant Das Dorf führt. Statt 54 Außenplätzen könnte der Gastronom nur noch etwa acht Plätze auf der Langen Reihe anbieten. Denn ein großer Teil seiner Terrasse liegt im Bereich einer benachbarten Boutique: "Mein Nachbar hat sein Einverständnis gegeben und sieht das als Bereicherung an." Die neue Vorschrift sei existenz-bedrohend und nicht mehr nachvollziehbar.

In der Tat ist die Aufregung der Gastronomen zu verstehen: Erst im vergangenen Jahr wurden in der Langen Reihe blaue Linien gezogen, in deren Bereich sich die Wirte mit ihren Tischen und Stühlen zurückziehen müssen, damit die Fußwege passierbar bleiben. Doch die blauen Linien gelten ab dieser Saison nur noch, "wenn diese im Bereich vor dem eigenen Gebäude sind", sagt Schmidt-von Koss.

Allein in der Langen Reihe haben sich zwölf Gastronomen zusammengeschlossen. Auf Plakaten informieren die Betroffenen ihre Gäste über die neue Vorschrift des Bezirks unter dem Motto "St. Georg ohne Außengastronomie: Ruin der Kleinbetriebe".

Auch Axel Fahning, der bereits seit 1989 den Croque-Laden La Famille betreibt, ist betroffen. Er nutzt die Außenfläche vor dem benachbarten Weinladen mit: "Anwohner und Besucher schätzen die Lange Reihe für ihrer sommerliche Außengastronomie." Die faszinierende Atmosphäre würde verloren gehen, wenn die Außenbewirtung jetzt wegen Behördenwillkür "deutlich eingedampft" würde. Auch Marina Serra vom Caravela ist sauer: "Für die Entscheidung des Bezirks habe ich kein Verständnis. Wir würden viele Plätze draußen verlieren, und das würde sich negativ auf den Umsatz auswirken."

Unterstützung kommt vom Bürgerverein St. Georg: "Die blauen Striche haben sich bewährt. Mit der bisherigen Regelung können in der Langen Reihe alle gut leben", sagt der Vorsitzende Helmut Voigtland.

Auch der Stadtteilbeirat St. Georg hat sich am Dienstag für eine weitere Nutzung von Flächen auch vor Nebengebäuden an der Langen Reihe ausgesprochen.

Die Politik schaltet sich nun ebenfalls ein: "Diese neue Regelung werden wir nicht akzeptieren. Wir werden im Sinne der Gastronomie und der Gäste dafür sorgen, dass auch künftig die Flächen vor Nebengebäuden für die Außengastronomie genutzt werden können", sagte SPD-Fraktionschef Falko Drossmann. Auch Farid Müller, GAL-Bürgerschaftsabgeordneter mit Wahlkreis St. Georg, spricht sich für die bisherige Regelung aus: "Der Bezirk sollte keine Probleme im Stadtteil erfinden, die nicht da sind."

Aber auch an der Kirchenallee gibt es Ärger mit dem Bezirk Mitte. Claus Berk, Inhaber des Hotels Europäischer Hof gegenüber dem Hauptbahnhof, ist genervt. Denn seine Sommerterrasse darf künftig nur noch drei Meter vom Fußweg einnehmen. Das sind 75 Zentimeter weniger als in den vergangenen Jahren. Damit solle, so steht es in einem Schreiben des Bezirksamtes, in diesem hoch frequentierten Bereich ein reibungsloser Fußgängerverkehr gewährleistet werden: "Wir haben diese Fläche seit mehr als zehn Jahren in dieser Form genutzt. Es wird hier kein Fußgänger behindert", sagte Berk. Er will die Entscheidung des Bezirks nicht hinnehmen.

Unterdessen geht der Streit zwischen Gastronomen und dem Bezirk Altona in die nächste Runde. Der Bezirk hatte beschlossen, dass die Mindestgehwegbreite von 1,50 Meter auf zwei Meter erweitert wird - also weniger Platz für die Außengastronomie bleibt. Die betroffenen Wirte haben eine Interessengemeinschaft gegründet und die Rechtsanwältin Sabine Sievers (Oberthür & Partner) beauftragt.