Insgesamt nimmt Jugendkriminalität in Hamburg ab. Expertin: Gewaltbereitschaft werde überschätzt

Hamburg. Ist das Phänomen Jugendkriminalität eingedämmt? In Hamburg sind laut Statistikamt Nord im Jahr 2010 14 Prozent weniger jugendliche Straftäter im Alter von 14 bis 17 Jahre verurteilt worden als noch im Jahr 2009. In Schleswig-Holstein sind es vier Prozent weniger. Insgesamt wurden in Hamburg 899 Jugendliche verurteilt, in Schleswig-Holstein 1672.

Die meisten Jugendlichen in Hamburg wurden wegen gefährlicher Körperverletzung oder Diebstahls bestraft. Danach folgen einfache Körperverletzung und räuberische Erpressung. In Schleswig-Holstein war aber auch das Delikt Fahren ohne Fahrerlaubnis ein häufiger Verurteilungsgrund.

Gegenüber 2009 wurden mehr Jugendliche freigesprochen, oder das Verfahren wurde ganz eingestellt. Nachdem in Hamburg 2009 noch 47 Prozent der Angeklagten verurteilt wurden, waren es 2010 noch 42 Prozent. In Schleswig-Holstein endeten 70 Prozent der Verfahren mit einer Verurteilung. Die Zahl der weiblichen Verurteilten stieg in beiden Bundesländern. In Hamburg von 16 auf 21 Prozent in der betreffenden Altersgruppe, in Schleswig-Holstein von 13 auf 17 Prozent.

Gleichzeitig zeigen Befragungen in der Bevölkerung, dass die Furcht vor Jugendkriminalität eher noch wächst und dass die Gefahren überschätzt werden - auch weil sich in der Öffentlichkeit hartnäckig die Überzeugung hält, Jugendliche würden zu milde bestraft. "Tatsächlich ist das Gegenteil der Fall", sagt Stefanie Kemme, Juniorprofessorin für Strafrecht an der Uni Hamburg. "Auch freiheitsentziehende Maßnahmen haben zugenommen." Ebenso falsch ist laut Kemme die Annahme, dass Gewalt stetig zunehme. Wissenschaftlich könne das nicht bestätigt werden, sagt die Juniorprofessorin. Gründe für die Einschätzung seien im Umgang der Medien mit dem Phänomen zu finden, aber auch persönliche Gründe spielten eine Rolle: Ältere Menschen wie auch Menschen, die schon Opfer geworden sind, neigten zu "größerer Kriminalitätsfurcht".