Eine Glosse von Britta Schmeis

Irgendwie möchte doch jeder dazugehören, zu dem Zirkel der Berlinale-VIPs - wenn schon nicht auf dem roten Teppich und bei den exklusiven Premierenfeiern, so doch wenigstens auf dem Festival-Areal rund um den Potsdamer Platz. Das notwendige Statussymbol: die Berlinale-Tasche für die akkreditierten Gäste. Und zwar nicht etwa der aktuelle rote Jutebeutel, sondern ein wesentlich älteres Exemplar, denn nur ein solches zeichnet den Berlinale-Routinier aus.

Das mag mitunter ungeheuer praktisch sein, wie das überdimensionale Jubiläums-Fahrradkuriermodell von vor zwei Jahren. Welche Qualitäten allerdings die verbeulten Stofftaschen von der 51. oder auch 53. Berlinale aufweisen, erschließt sich nicht jedem. Vielleicht ist es nur Nostalgie oder auch Tradition, führte man genau diese Tasche doch schon in Cannes, Venedig und bei anderen Filmfesten dieser Welt aus. Man gehört schließlich dazu.

Noch dazu spiegelt das Objekt der Begierde Zeitgeist wider: mal Stoff, mal Plastik, mal knallbunt, mal dezent uni. Und nun also als schlichte, aber angesagte rote Jutetasche. 2012er eben. Dabei haben auch die Marketingstrategen den Wert des Kultobjekts längst erkannt: Seit einigen Jahren schon gibt es die Tasche als Devotionalie auch für Normalsterbliche im Fan-Shop. Und das aktuelle Exemplar samt Pressematerial lässt sich längst bei Ebay ersteigern - ohne jemals bei der Berlinale gewesen zu sein.