Ex-SPD-Sprecher werden neun Straftaten vorgeworfen. Verhandlungstermine bis Mitte Mai angesetzt

Hamburg. Eine unendliche Geschichte? Der ehemalige Sprecher der Hamburger SPD, Bülent Ciftlik, steht von heute an wieder vor Gericht. Die Liste der Anklagepunkte ist lang: Die Staatsanwaltschaft wirft dem 39-Jährigen neun Straftaten vor, darunter Anstiftung zur Urkundenfälschung und zur Falschaussage. Die Verhandlung vor dem Landgericht wurde außerdem mit dem Berufungsprozess um die Vermittlung einer Scheinehe zusammengelegt. Bülent Ciftlik hat bisher alle Vorwürfe zurückgewiesen. Für den Prozess sind Termine bis Mitte Mai angesetzt.

Der frühere Bürgerschaftsabgeordnete und einst als "Obama von Altona" gefeierte Hoffnungsträger der Hamburger SPD war im Zuge der Ermittlungen im März 2011 wegen Verdunkelungsgefahr in Untersuchungshaft gekommen. Die Staatsanwaltschaft befürchtete, dass er Beweismittel ändern oder Zeugenaussagen beeinflussen könnte.

Nach dreieinhalb Monaten in U-Haft war Ciftlik unter Auflagen wieder auf freien Fuß gekommen. Die Staatsanwaltschaft legt Ciftlik in der 40-seitigen Anklageschrift unter anderem zur Last, er habe vier seiner Wahlhelfer angewiesen, Briefwahlanträge türkischstämmiger Deutscher für die Bürgerschaftswahl 2008 zu fälschen. Außerdem wirft die Behörde Bülent Ciftlik Körperverletzung vor: Er soll im Februar 2011 in seinem Abgeordnetenbüro einem Mann eine Ohrfeige verpasst haben - und zwar laut Anklage aus Verärgerung über dessen Zeugenaussage bei den Briefwahl-Ermittlungen.

Der frühere SPD-Sprecher in der Hansestadt war 2010 wegen Vermittlung einer Scheinehe vom Amtsgericht St. Georg zu einer Geldstrafe verurteilt worden - und in der Folge von der SPD aus Fraktion und Partei ausgeschlossen worden. Gegen das Urteil gingen sowohl Ciftlik als auch die Staatsanwaltschaft in Berufung.

Rund um das Scheinehe-Verfahren hat die Staatsanwaltschaft Bülent Ciftlik auch wegen des Verdachts der Manipulation von Beweismitteln und der Anstiftung zur Falschaussage angeklagt. So soll Bülent Ciftlik mithilfe eines Ausspähprogramms zwei fingierte E-Mails geschrieben haben, wie Oberstaatsanwalt Wilhelm Möllers sagte - um den Anschein zu erwecken, dass eine Ex-Freundin die Absenderin gewesen sei.

Bülent Ciftlik, einst Hoffnungsträger der Hamburger Sozialdemokraten, hatte immer wieder behauptet, er sei unschuldig und Opfer einer Intrige, die bis in hohe Hamburger SPD-Kreise hineinreiche. Gerichtsfeste Belege für diese Behauptungen hatte er jedoch nicht erbringen können.