Tür des Gebäudes in Winterhude ist zu klein. Auch Senatsdirektorin unter den Gegnern

Hamburg. Zu viel Lärm, zu viel Unruhe - erneut versuchen Hamburger, den Bau einer Kindertagesstätte in ihrer Nachbarschaft zu verhindern. Sechs Jahre nach dem Protest gegen die Kita Marienkäfer in Wandsbek geht es diesmal um einen geplanten Kindergarten im Gewerbehof an der Geibelstraße in Winterhude.

Eine Kita passe dort nicht hin, meinen die Anwohner. Eine der Gegnerinnen des Projekts ist die frühere Leiterin des Hamburger Amtes für Gleichstellung, Senatsdirektorin Marie-Luise Tolle. Sie hatte damals mehrfach für eine kinderfreundliche Stadt Hamburg geworben.

Um die Errichtung der Kita zu verhindern, argumentieren die Nachbarn mit rechtlichen Vorschriften. Ohne bauliche Veränderungen kann die Kita nicht genehmigt werden. Es geht um knapp 20 Zentimeter. Für ihre neueKita müsste die Unternehmerin Lorelly Bustos Córdoba die Eingangstür von derzeit rund 80 Zentimeter auf etwa 100 Zentimeter verbreitern - das ist Vorschrift bei einem Gewerbebetrieb mit mehr als fünf Mitarbeitern.

Die Nachbarn, eine Eigentümergemeinschaft, verweigern jedoch die notwendige Zustimmung dafür. Weil die Türverbreiterung ein Eingriff in die Fassade wäre, haben die Eigentümer ein Mitbestimmungsrecht. Nun droht dem Kindergarten das Aus, bevor er überhaupt eröffnet werden kann. Seit Dezember ruhen jetzt die Umbauarbeiten. 50 000 Euro hat Lorelly Bustos Córdoba bereits in die Renovierunginvestiert.

Bei der Abstimmung über das Kita-Projekt gab es in der Eigentümergemeinschaft nur eine positive Stimme - sie kam vom Besitzer der Räume, in denen die Kita untergebracht werden soll. Die übrigen 18 Eigentümer stimmten dagegen - unter ihnen auch Marie-Luise Tolle, die von 1999 bis 2002 Leiterin des Senatsamts für die Gleichstellung war und jetzt als Senatsdirektorin in der Kulturbehörde arbeitet.

Im August 2000 hatte sie in einem Artikel der Tageszeitung "Die Welt" mehr Kinderfreundlichkeit in Hamburg angemahnt: "Nur mit Kindern kann es geistiges, wirtschaftliches und emotionales Wachstum geben. Wenn es weniger Kinder gibt, besteht die Gefahr der Stagnation oder gar der Rückentwicklung." In dem Artikel bedauert sie es, dass Beruf und Familie nach wie vor kaum vereinbar seien. "Solange Schwangerschaft noch ein Stigma ist, muss man sich über den Kinderrückgang nicht wundern."

Jetzt wollte sich die 60-Jährige auf Anfrage des Abendblatts zum Kita-Bau neben ihrer Wohnung nicht öffentlich äußern. Sie verwies auf die zuständige Hausverwaltung. Nur so viel sagte sie dann doch: "Es hat rechtliche Gründe, es geht nicht gegen die Kita." Auch der Denkmalschutz spiele eine Rolle.

Nur ein Vorwand? Rechtsanwalt Hans-Joachim Dreifke, der den Vermieter der geplanten Kita vertritt: "Kinderlärm war ein Faktor, auf den man sich bezieht. Der betroffene Gebäudeteil steht nicht unter Denkmalschutz."

Der Bedarf an Betreuungsplätzen in Winterhude ist da: Die Hälfte der geplanten 55 Krippen- und Elementarplätze ist bereits vergeben, das Personal schon gefunden. Im März sollte die Kita eröffnet werden.