Fahnder heben immer wieder illegale Plantagen aus. Jetzt züchten die Beamten selbst Hanf - zu Forschungszwecken. Kritik von der GAL

Winterhude. Drogenanbau unter Polizeiaufsicht: Die Hamburger Polizei züchtet im Keller ihres Präsidiums in Winterhude Cannabispflanzen - zu Forschungszwecken. Insgesamt hegen die Beamten 50 Pflanzen unter professionellen Bedingungen.

Mit dem Test wollen die Ermittler Erkenntnisse darüber bekommen, welche Sorte unter welchen Bedingungen wie viel berauschendes THC (Tetrahydrocannabinol) bildet, wie Polizeisprecher Mirko Streiber sagt. THC ist der Hauptwirkstoff der Hanfpflanze. Die Ergebnisse sollen dabei helfen, den THC-Ertrag bei ausgehobenen Plantagen besser schätzen zu können. Hintergrund: Der Import von "klassischem" Freiland-Hanf aus Asien ist in den vergangenen Jahren fast vollständig durch Zucht in der Heimat ersetzt worden. Die hier gezogenen Pflanzen haben einen viel höheren Wirkstoffgehalt.

Bei Hanfpflanzen gebe es starke Schwankungen beim THC-Gehalt, weiß Streiber. Für die Beamten sei es daher schwierig, die Wirkstoffmenge abzuschätzen - gerade bei Jungpflanzen. Vor allem am THC-Gehalt bemisst sich laut Betäubungsmittelgesetz aber die Strafe für die Plantagen-Betreiber. "Es geht hier um größere, professionelle Plantagen mit Beleuchtung, Bewässerung und allem Drum und Dran", sagt der Polizeisprecher, "und nicht um die Blümlein im Blumenkasten." Mit den Ergebnissen der Anbau-Experimente sollen polizeiliche Gutachten vor Gericht aussagekräftiger werden, kündigt Streiber an. "Das hilft ja auch der Justiz, um zu einem gerechten Urteil zu kommen." Aufschlüsse erhoffen sich die Ermittler auch über die Anzahl von Ernten pro Jahr.

Es gibt aber auch Kritik. Die Innenexpertin der GAL-Fraktion, Antje Möller, hält den Hanfanbau der Polizei für fraglich. "Wenn solche Erkenntnisse wirklich notwendig sein sollten, scheint mir das eher eine Aufgabe für eine wissenschaftliche Einrichtung zu sein als für ein Do-it-yourself-Projekt der Polizei", sagte Möller der "taz". Die Juristin Nicole Krumdiek kritisierte, der Ertrag hänge von vielen Variablen ab. "Diese Schätzungen sind mit oder ohne Experiment rechtlich mehr als fragwürdig."

Die Experimente sollen nach Streibers Angaben etwa eineinhalb Jahre laufen. Ein Biologe der Abteilung Kriminaltechnische Untersuchung (KTU) hat bereits Mitte April 2011 auf dreieinhalb Quadratmetern im Polizeipräsidium mit dem Anbau begonnen. Zwei Ernten gab es schon. Der Anbau von Betäubungsmitteln ist verboten - die Polizei aber darf es, "zu dienstlichen Zwecken." Forschungseinrichtungen müssten sich dagegen eine Ausnahmegenehmigung erteilen lassen.