Ein Schrift-Stück von Joachim Mischke

Hand aufs Herz, denn damit sind wir schon direkt beim Ziel des Themas: Wann war der letzte handgeschriebene Brief im Postkasten? Postkasten, das Ding bei der Haustür, in dem ansonsten (neben der Zeitung als erstem Highlight des Tages) nur Rechnungen und kiloweise Pizza-Bestellzettel landen. Ein Brief, dem man ansehen kann, dass er nicht in einem Textbearbeitungsprogramm optimiert wurde, bei dem die Zeilen zum Ende der Seite immer kleiner wurden, weil es dann doch mehr Gedanken gab als Platz? Tja. Lange her offenbar, diese Portion Glück aus Schwarz auf Weiß.

Damit das Lesen von Handgemachtem wieder zum überraschenden Vergnügen werden kann, hat das amerikanische Online-Kultur-Magazin "The Rumpus" eine buchstäblich poetische Idee im Angebot: Schriftsteller-Briefe im Abo. Für 5 Dollar monatlich (10 Dollar für Post nach Übersee) bekommt man in etwa jede Woche einen Brief. Ein Jahr Vorauszahlung geht auch, ob die Briefe dadurch länger werden, wird nicht verraten. Bekanntester Schreiber ist immerhin Dave Eggers, der mit "Ein herzzerreißendes Werk von umwerfender Genialität" international bekannt wurde. Teuer ist das nicht, könnte aber - von den meisten Absendern soll man eine Adresse erhalten können - zum Wiederbeleben einer totgemailten Tradition beitragen. Jean Paul schrieb dazu, als hätte er es geahnt: "Bücher sind dickere Briefe an Freunde. Briefe sind dünnere Bücher für die Welt."