In der Altstadt wollen Nicole Beske und Eugenio Cicala in der Nähe des Chile-Hauses auf 650 qm eine Konkurrenz zum Nivea-Haus eröffnen.

Hamburg. Den Wunsch, sein Leben noch einmal komplett zu ändern, spürte Eugenio Cicala, 43, zum ersten Mal bei einem Besuch bei seiner Familie auf Ischia. "Ich hatte völlig vergessen, was Entspannung ist", erinnert sich der Italiener an den Urlaub auf der Insel vor Neapel, einem idyllischen Eiland mit warmen Quellen, auf dem die Uhren langsamer ticken als auf dem hektischen Festland. Cicala war als viel beschäftigter Steuerberater und Wirtschaftsprüfer von Termin zu Termin gerannt und dabei zum Workaholic geworden. Den Luxus, auch einmal abzuschalten und sich Ruhe zu gönnen, kannte er nicht mehr.

Das soll nun anders werden, zumindest in der Theorie. In Hamburg wagt der Vater eines Sohnes, der ebenfalls in der Hansestadt lebt, einen Neuanfang in Sachen Entspannung. Er will ein Refugium schaffen, das für Ruhe und eine Auszeit vom Alltagsstress steht, einen Gegenpol in der Welt des Burn-outs und steigender Arbeitsbelastung. Gemeinsam mit der Beautyexpertin Nicole Beske baut er in der Hamburger Altstadt ein Urban Spa, eine Wellness- und Beautyoase in einem der historischen Gebäude in der Nähe des Chile-Hauses.

"Wir wollen unseren Kunden die Möglichkeit geben, Zeit für sich zu haben, und gleichzeitig sofort Ergebnisse zu sehen", beschreibt Cicala das Konzept des Spa. Mit klassischen Schönheitsbehandlungen, aber auch Kavitation (Fettverbrennung), Anti-Aging durch Ultraschall oder LPG, also permanente Haarentfernung durch Lasertherapie, sollen die Kunden ihr Äußeres verbessern können. "Wir werden aber keine schädlichen oder fragwürdigen Anwendungen anbieten", versichert Nicole Beske. Die 43-Jährige wird das Spa gemeinsam mit Cicala als Geschäftsführerin leiten und dafür ihre Erfahrungen als Kosmetikerin und Managerin von Schönheitsfarmen einbringen.

Natürlich soll der Wunsch von Cicala nach einem Ort der Entspannung in Hamburg nicht zu kurz kommen. Dafür werden klassische Massagen, Ayurveda, Shiatsu oder Rasul-Bäder in einer luxuriösen Umgebung sorgen. Auf einer Fläche von 650 Quadratmetern wollen die beiden Gründer dafür eine natürlich-warme Atmosphäre mit viel Holz, Kerzenlicht und Naturfarben schaffen. Allein mit dieser Größe wollen sich die Unternehmer von den derzeit gut 700 Kosmetikstudios in Hamburg abheben.

Die Investition von 1,4 Millionen Euro unterstützen die Hamburger Bürgschaftsgemeinschaft, die KfW und die Haspa. "Zwar gibt es in Hamburg bereits ähnliche Konzepte, aber wir glauben an das Potenzial eines Urban Spa", begründet Stefanie Huppmann von der Haspa die Kreditvergabe durch ihr Institut. So baue Beiersdorf sein Nivea-Haus wegen der großen Nachfrage nach Massagen und Kosmetikbehandlungen weiter aus.

Verschiedene Strömungen in der Gesellschaft beflügelten zudem die Geschäfte mit der Schönheit. Die Bevölkerung werde immer älter, wolle sich ihre Jugendlichkeit aber möglichst auch in der zweiten Lebenshälfte bewahren. Außerdem legten Berufstätige zunehmend Wert auf ein gepflegtes Äußeres - die Erscheinung sei eben auch oft ein Garant für Erfolg. "Und die entsprechende Kaufkraft für ein Spa im Premiumbereich ist ebenfalls in der Stadt vorhanden", sagt Huppmann, die bei der Haspa junge Unternehmen berät.

Das neue Urban Spa will sich in Hamburg in einem höheren Preissegment als etwa das Nivea-Haus oder das Dove Spa positionieren. Diese beiden markengebundenen City-Spas arbeiten derweil erfolgreich, trotz der großen Konkurrenz in der Hansestadt. Schon bei der Eröffnung des Nivea-Hauses 2006 in Hamburg war der Andrang immens, schnell wuchs die Zahl der Mitarbeiter auf mehr als 50 Kosmetik- und Wellnessspezialisten. Weit mehr als 100 Anwendungen werden in der Nivea-Welt am Jungfernstieg im Schnitt täglich gebucht. Die zwei Millionen Euro, die sich Beiersdorf seine Wellnessoase auf 800 Quadratmetern kosten ließ, haben sich offenbar gelohnt - heute gibt es Nivea-Häuser mit ihrem Anspruch, Wellnessanwendungen für jedermann zu ermöglichen, in mehreren Metropolen. Das Dove Spa im Unileverhaus in der HafenCity spielt mit nur 170 Quadratmetern noch einmal in einer anderen, überschaubareren Liga. Hier geht es um Gesichts- und Körperbehandlungen, die fünf Kosmetikerinnen mit der Pflegemarke von Unilever anbieten.

Nicole Beske und Eugenio Cicala wollen sich mit ihrem Konzept nicht nur von den Nivea- und Dove-Häusern, sondern auch klar von Wellnessanbietern wie Meridian, Aspria oder den Hotelspas in der Stadt unterscheiden. "Wir werden mehr Privatsphäre, Anonymität und Ruhe für unsere Gäste bieten", sagt Nicole Beske. Schon im Mai will das Gründerduo sein Beautyspa eröffnen. Bis dahin wird in dem denkmalgeschützten Haus kaum ein Stein auf dem anderen bleiben, denn bisher erinnert hier noch sehr wenig an einen Entspannungstempel. Die ehemaligen Büros der Vereinsbank, die das Gebäude zuvor gemietet hatte, müssen komplett abgerissen und den Dampfbädern, Hammams mit heißen Steinen und Luxusbadewannen für den City-Kurzurlaub weichen. Ist das Spa in Hamburg für die Gäste geöffnet, wollen die Gründer mit der Wohlfühloase weitere Investoren anlocken. "Wir sehen unser Wellnessprojekt als einen Flagshipstore, als einen Anfang für eine deutschlandweite Expansion", sagt Cicala.

Die Pläne liegen nahe, immerhin investieren die Inhaber in einen Markt, der bundesweit Erfolge feiert. In den vergangenen Jahren ist allein die Wellnessbranche in Deutschland auf einen Umsatz von 70 Milliarden Euro gewachsen. Der Branchenverband rechnet auch weiterhin mit jährlichen Steigerungsraten von fünf Prozent.

Für die Expansion des neuen Hamburger Spa sind diese Erfolgszahlen ein gutes Vorzeichen. Ein ruhigeres Leben dürfte für Cicala damit aber noch in ziemlich weiter Ferne liegen.