Warum Arbeitsministerin Ursula von der Leyen und Familienministerin Kristina Schröder niemals allerbeste Freundinnen werden können

Es sei leichter, Europa zu einigen, als zwei zerstrittene Frauen miteinander auszusöhnen, soll Ludwig XIV. gesagt haben. Das ist ein Gedanke, dem sich die Bundeskanzlerin möglicherweise insgeheim anschließt. Schließlich kann sie die Animositäten, die zwischen den Ministerinnen von der Leyen und Schröder herrschen, ja seit zwei Jahren an ihrem Kabinettstisch beobachten. Und auch die unerfreuliche Außenwirkung, die das mit sich bringt ("Stutenbissigkeit!", "Zickenkrieg!").

Dennoch ist es Angela Merkel bisher nicht gelungen, die beiden CDU-Frauen wenigstens zu einem Stillhalteabkommen zu bewegen. In diesen Tagen gerieten sie einmal mehr über die "Flexiquote" aneinander. Mit Freiwilligkeit erreiche man gar nichts, dekretierte Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen. Beweis? "Ein Jahr" müsse sie nun schon darüber diskutieren, dass in Großkonzernen quasi keine Frauen in Vorständen und Aufsichtsräten anzutreffen seien, aber nichts habe sich gebessert - nach wie vor befinde man sich im internationalen Vergleich gerade mal auf Augenhöhe mit Indien. Man brauche also keine Flexiquote, sondern klare Spielregeln!

Zufälligerweise hat Kristina Schröder diese Flexiquote (vor einem Jahr!) erfunden. Wenn es nach dem Willen der Bundesministerin für Familie und Frauen geht, sollen die DAX-Unternehmen die Frauenquoten in ihren Führungsetagen selbst festlegen können. Das hat die 34-Jährige in dieser Woche bekräftigt. Die Flexiquote, hat Schröder am Mittwoch vor dem Familienausschuss erklärt, stehe weiterhin auf ihrer Prioritätenliste. Es war ihr Versuch, von der Leyen in ihre Schranken zu weisen.

Dass die beiden Frauen in unschöner Regelmäßigkeit aneinandergeraten - vor der Flexiquote war es das Betreuungsgeld, vor dem Betreuungsgeld die Chipkarte für Kinder aus Hartz-IV-Verhältnissen -, liegt nur zum Teil darin begründet, dass die jüngere der beiden Ministerinnen offenbar ein konservativeres Weltbild pflegt als die ältere. Man muss kein Psychologe sein, um zu erkennen, dass die beiden, wie man heute zu sagen pflegt, wohl niemals allerbeste Freundinnen werden. Wenn die eine im Bundestag spricht, beschäftigt sich die andere demonstrativ mit etwas anderem. Wenn die eine über die andere spricht, werden die wohlgesetzten Worte stets von einem künstlichen Lächeln begleitet.

Vermutlich war von Anfang an der Wurm drin. Ursula von der Leyen, die das Bundesfamilienministerium von 2005 bis 2009 geführt und mit der Durchsetzung des Elterngelds zu einem Schwerpunktministerium gemacht hat, musste erleben, dass es bei ihrem Wechsel an die Spitze des Bundesarbeitsministeriums "der jüngsten Bundesministerin aller Zeiten" zufiel. Was einer Abwertung gleichkam. Kristina Schröder hingegen begann schnell am Hase-Igel-Syndrom zu leiden. Das erreichte seinen Höhepunkt im Sommer 2010: Kaum hatte sich Schröder in den Mutterschutz verabschiedet, da initiierte das Bundesarbeitsministerium ein Forum zum Thema "Frauen in Führung"; anschließend lud Ursula von der Leyen auch noch die EU-Justizkommissarin und Quotenverfechterin Viviane Reding zum Erfahrungsaustausch nach Berlin ein. Mehr Provokation ging nicht. Schröder saß zu Hause und kochte. Vor Wut. Ihr Staatssekretär warf von der Leyen vor, sie nutze Schröders Abwesenheit, um sich auf deren Kosten zu profilieren. Das stimmte zwar, wirkte aber zu beleidigt, um Eindruck zu machen.

Fest steht: Ursula von der Leyen kann es offenbar nicht lassen, die Kollegin zu piesacken. Fragt sich nur, warum. Ist sie vom ministeriellen Alltagstrott gelangweilt? Oder wirkt die Enttäuschung, nicht Bundespräsidentin geworden zu sein, immer noch nach? Als Horst Köhler am 31. Mai 2010 von seinem Amt zurücktrat, hatte Ursula von der Leyen ja wie seine sichere Nachfolgerin ausgesehen. Jedenfalls 48 Stunden lang - bis Angela Merkel Christian Wulff aus dem Hut zauberte. Das muss frustrierend gewesen sein. Aber eine kluge Frau wie Ursula von der Leyen sollte wissen, dass es besser ist, sich neue Ziele zu stecken, statt verbissen zurückzuschauen.