Altona. Es war einfach zu schön, um wahr zu sein. Und eigentlich hätten sofort alle Warnlampen angehen müssen. Ein Jobangebot, bei dem mit sehr wenig Zeitaufwand relativ viel Geld zu verdienen ist, ganz einfach von zu Hause aus und ohne besondere Qualifikation - sollte das wirklich mit rechten Dingen zugehen?

Doch die Freude über eine neue, gut bezahlte Beschäftigung hat Heiko S. ganz offensichtlich blind gemacht für vernünftige Zweifel und kritische Nachfragen.

Heute ist dem 41-Jährigen klar, dass er da "aus Dummheit in etwas reingeraten" war. Zu spät. Der Hamburger hat jetzt nicht nur eine Menge Schulden, sondern auch noch ein Strafverfahren am Hals.

Jetzt sitzt der schmale, ganz in Schwarz gekleidete Mann im Prozess vor dem Amtsgericht, zerknirscht, kleinlaut und schüttelt den Kopf über seine damalige Naivität. Geldwäsche wird ihm vorgeworfen, weil er laut Anklage im November 2010 sein Konto unbekannt gebliebenen Tätern für finanzielle Transaktionen zur Verfügung stellte. Dabei habe er "leichtfertig nicht erkannt", dass es seinen Auftraggebern darum ging, die Herkunft von Geld zu verschleiern, das sie durch sogenanntes Phishing illegal von fremden Konten geplündert hatten.

Fast 6000 Euro hatten die Täter durch Computermanipulation von dem Konto eines Opfers abgezweigt und auf das von Heiko S. umgeleitet, ohne dass der ahnte, woher das Geld stammte. Seine Aufgabe war es, als "Finanzagent" gegen eine Provision von 20 Prozent das Geld teils bar abzuheben und einer ihm bis dahin unbekannten Dame in einer Bar zu übergeben. Einen Teil sollte er in Form von sogenannten UKash-Karten an seine Auftraggeber weiterleiten. UKash-Karten sind eine Art Wertgutscheine mit PIN-Nummern, die als Zahlungsmittel im Internet genutzt werden können.

Der Job als "Finanzagent" sei ihm zunächst als Glücksfall erschienen, erzählt der Angeklagte Heiko S. jetzt. Er habe kurz zuvor seinen Job in einem Handwerksbetrieb verloren und im Internet in einer Jobbörse nach einer neuen Beschäftigung gesucht. "Da ist ja auch die Arbeitsagentur drin." Deshalb sei er trotz dieses ungewöhnlich großzügigen und mit kleinen grammatikalischen Fehlern behafteten Angebots aus Osteuropa nicht stutzig geworden.

Über die Jobbörse zu inserieren, "das ist ja besonders perfide", meint der Amtsrichter. "Normalerweise kommt so was als Spam. Man wird geradezu damit überschwemmt." In den Medien werde regelmäßig vor solchen Tricks gewarnt.

Dass er Tätern auf den Leim gegangen war, die mit Phishing über das Internet Konten plündern, seufzt Heiko S., habe er erst bei der Polizei verstanden. Für den Schaden muss er jetzt aufkommen. "Ich will das auch vom Hals haben", erklärt der Angeklagte. "Es ist ärgerlich, dass ich den Müll da bezahlen darf wegen meiner Dummheit."

Doch damit steht er nicht allein. Betrügereien mit Online-Banking würden von manchen Tätern regelrecht professionell betrieben, erklärt ein Beamter des Landeskriminalamtes als Zeuge. "Millionenfach werden Computer mit Trojanern infiziert." Ein Bankkunde glaube dann, er kommuniziere mit seiner Bank, tatsächlich aber schalte sich der Täter in den Kommunikationsverkehr ein und leite das Geld um. "Der Kunde merkt es oft erst, wenn er seine Kontoauszüge sieht."

Das Weiterleiten und Verfächern der Transaktionen durch die Täter geschehe auf unterschiedlichste Weise, unter anderem eben über Jobbörsen, sagt der Polizeibeamte. "Aber eigentlich müsste jedem klar sein, dass bei einer Tätigkeit, bei der man binnen kurzer Zeit so viel Geld bekommt wie sonst für einen Monat, etwas faul ist." Auch Singlebörsen nutzten die Täter, um mit Fotos von attraktiven Frauen ahnungslose Helfer zu ködern. Wenn ein Interessent sich melde, bitte ihn die "vermeintlich Schöne", sein Konto zur Verfügung zu stellen.

Still und in sich zusammengesunken hat der Angeklagte Heiko S. dem Zeugen gelauscht, und auch während des Plädoyers der Staatsanwältin ist ihm die Fassungslosigkeit über seine damalige Gutgläubigkeit ins Gesicht geschrieben. Der 41-Jährige habe den "kriminellen Charakter der Tat leichtfertig nicht erkannt", betont die Anklägerin. "Er hätte sich die Frage stellen müssen, welchen Sinn seine Tätigkeit haben soll. Er wäre dann auf Geldwäsche gestoßen."

Und auch der Amtsrichter moniert, Heiko S. hätte "mehr Aufmerksamkeit investieren müssen". 800 Euro Geldstrafe lautet das Urteil. Ahnungslose Menschen wie der Angeklagte ermöglichten es erst, dass Betrügerbanden Erfolg haben, erklärt der Richter.

Heiko S. könne selber aufklärend mitwirken, empfiehlt er, indem er im Freundes- und Bekanntenkreis erzähle, was ihm widerfahren sei. "Das habe ich längst getan", winkt Heiko S. ab. Und lächelt gequält.