Ein musikalischer Tagtraum von Sven Stillich

Nicht, dass das Leben an sich langweilig wäre. Aber manchmal gibt es durchaus ödere Abschnitte. Langeweile. Leerlauf. Und wo gibt es so was noch? Genau: in vielen Kinofilmen. Und was macht der Regisseur, um diese zu überdecken? Genau: Er legt dramatische, fetzige, romantische Musik drüber. Wie schön wäre es, wenn das auch im echten Leben so einfach funktionieren würde.

"Haben Sie noch Schnittbrötchen?", sagt man dann morgens in der Bäckerei, und plötzlich hat man einen lauten Actionfilm-Herzschlag in den Ohren. Poch-poch. Poch-poch. Als die Fachverkäuferin zur Tüte greift, legt sich ein dunkler Keyboardteppich über das Klopfen, sie sieht einen an und dann ... dann fragt sie "Wie viele möchten Sie?" Wie viele? Wie viele?! Was für eine Frage!! Geigen setzen ein, immer mehr werden es, dann spielt ein ganzes Orchester, überall ist Klang, Trommeln, Trompeten ... "Vier." "Gerne." Geschafft. Die Musik geht ins Rascheln der Brötchentüte über.

Kann man nicht immer brauchen, so einen Soundtrack des Alltags - hinter dem Bus her zu rennen ist schon dramatisch genug -, aber manchmal, ja manchmal, da gibt es halt auch ödere Abschnitte. Leerlauf halt. Langeweile. Wie im Kino.